Sonntag, 30. Dezember 2012

Birdy: People Help The People

Zum Abschluss diesen Jahres 2012 können wir noch einmal mit einem Song die wichtigsten Themen der letzten Monate zusammenfassen: Casting-Show, Unplugged Minimal-Aufnahme, Coverversion.



Aktuell ist es die noch sehr junge Birdy welche all diese Aspekte der Vermarktung auf sich vereint – und trotzdem eine ganz überzeugende Aufnahme vorlegt. Sie selber wurde vor vier Jahren als 12-jährige in einer britischen Talent-Show entdeckt. Dann dauerte es (glücklicherweise) doch eine ganze Weile, bis sie ein eigenes Album vorlegte. Dieses beinhaltete vor allem Cover-Versionen – in einer sehr erlesenen Auswahl. Von Bon Iver über The XX bis hin zu The International sind da Künstler und Projekte versammelt, die in der Indie-Szene einen großartigen Ruf und Status besitzen ohne tatsächlich schon zu Tode genudelt zu sein. Mit Birdy erreichen einige der Songs tatsächlich erst echte Bekanntheit.

Zum Beispiel People Help The People. Im Juni 2007 von Cherry Ghost veröffentlicht, gelangte der Titel hierzulande zwar schon auf die eine oder andere Playlist – im Grunde aber blieb sowohl die Band als auch der Titel eher unbekannt. Den Informationen auf ihrer Homepage nach sind sie allerdings nach wie vor aktiv, sogar auf dem einen oder anderen Festival zu erleben und schreiben/produzieren vor allem für andere Künstler. People Help The People ist nach wie vor so etwas wie ihr Signature Song.



Mit dem Erfolg der Birdy-Aufnahme könnte sich das ändern. Allerdings legt die junge Sängerin noch einmal ordentlich Hand an den Titel. Ihre Version ist reduziert auf ihre Stimme und sparsamste Begleitung durch Klavier, ein wenig Schlagzeug und auch ein bisschen Cello. Das Ganze hat mittlerweile auch einen Namen: Stripped Down – und jede Band, die sich halbwegs auf der Höhe der Zeit präsentieren will, bietet neben einer fulminant produzierten Radio Version mindestens auch eine reduzierte Variante an.



Diese Art Minimalismus erfreut sich schon eine halbe Ewigkeit auf allen möglichen Plattformen großer Beliebtheit – zumindest gibt es unzählige Coverversionen von Sangeslustigen, die sich austoben und hochladen was das Zeug hält. Das meiste davon kommt über ein paar Klicks nicht hinaus – hin und wieder schaffte es ein kleines Mädchen aus den Phillipinen oder ein Komiker aus Venezuela zu kurzzeitiger Beliebtheit. So richtig zum neuen Muss wurde diese Art der Produktion wahrscheinlich mit Adele und hier allerspätestens mit ihrem Hit Someone Like You. Da war die Netzgemeinschaft aber schon ein ganzes Stückchen weiter und auch Adele hat mittlerweile bewiesen, dass sie ebenso gut in orchestral und pathetisch funktioniert. Bei Birdy bin ich mir da noch nicht so sicher – zumindest ist ihr Debüt-Album sehr auf diesen einen Stil gebügelt und für meine Begriffe dadurch ein bisschen anstrengend.

Wie könnte es also weitergehen mit der Welle der authentischen Stripped-Down-Versionen. Da lohnt wieder ein Blick ins Netz. Die Protagonisten der Video Music (you only hear what you see) wie Pomplamoose , Mike Tompkins oder Dicken Schrader’s Projekt DMK geben da eine schöne Antwort. Reduziert und authentisch heisst nicht unbedingt nur klassisch instrumentiert und irgendwie auch konservativ romantisch-betulich. Das wird spannend.

Derweil lässt sich Birdy ja auch ganz gut durch den Remix-Wolf schicken. Das ist dann vielleicht ein klein wenig überraschender als der 100. Auftritt im deutschen Casting TV.








Montag, 24. Dezember 2012

The Script Featuring will.i.am: Hall Of Fame

Endlich tut sich mal was im Geschäft. Seit Wochen scheint es ja nur noch drei Titel zu geben: das öde nervende und ich weiß nicht warum so wahnsinnig erfolgreiche Diamonds von Rihanna, die jetzt sogar zur großen Pop-Göttin ausgerufen wird, der immer noch völlig durchgeknallte, aber auch schon ordentlich ausgenudelte PSY mit seinem Gangnam Style und dann gehört auch Adele mit ihrer James-Bond-Thema Skyfall zu den Non-plus-Ultras derzeit. Nun endlich gibt es mal einen Titel, der dieses Trio ein wenig aufzuscheuchen scheint. Und – auch das ganz wesentlich – es ist kein debil-romantischer Weihnachtssong. Es ist ein richtiger waschechter Popsong. Und was für einer. Voll mit Zuversicht, hymnischem Refrain und Kraft. So weit so gut.

Auseinandergenommen fällt natürlich mit dem ersten Klavierton auf: da steckt schon eine ganz anständige Portion Pathos drin. So wie ich mich an The Script erinnere, war das bisher nicht nötig gewesen. Das hatte dann auch zur Folge, dass sie eben nicht weltweit konkurrenzlos in Radio- und Fernsehstationen sowie Einkaufsmeilen zu hören waren. Mit dem Schuss an großem Gefühl gelingt das dann ganz gut. Allerdings darf es nicht zu viel sein – das ist schon ziemlich genau abgemessen. Deshalb kommen The Script auch nicht an die Meister des großen Gefühls heran: Muse. Die haben im Sommer zu den Olympischen Spielen mal ordentlich zugelangt und bewiesen, dass die große Siegerpose tatsächlich auch etwas Erhebendes und Übermenschliches hat. Und das ganz ohne albern zu werden.



Das ist also der große Schatten, in dem sich The Script bewegen. Und den sie auch nicht verlassen. Vielleicht wollen sie da auch gar nicht raus. Das können sie letztendlich nur selber beurteilen. Für mich klingt es allerdings schon auch ein bisschen so, als wären sie einfach noch nicht ganz so weit. Wenn ich nämlich auf den Text höre, dann finde ich schon: Selbstvertrauen schön und gut. Zumal wenn man aus Irland kommt, wo jetzt nicht gerade die rosigsten Verhältnisse herrschen und das ja irgendwie immer noch nicht so ganz raus ist aus diesem Konflikt mit Britannien. Da gehört Stolz, Selbstvertrauen und Nationalbewusstsein natürlich zu den Grundwerten, die einem schon als Kind anerzogen werden und die dafür sorgen, dass man halbwegs aufrecht durchs Leben gehen kann. Außerhalb der Insel wird’s dann aber schon etwas schwieriger. Unbedingte Liebe zum Vaterland ist nicht in jedem Fall der Schlüssel zum Glück. Auch wenn gerade in den letzten Jahren Nationalstolz und Nationalismus weltweit ordentlich Konjunktur haben.



Sich selber zu großen Leistungen zu treiben, sich an die eigenen Grenzen zu führen und damit zu spüren, wieviel man leisten kann und wer man überhaupt ist – ja, das ist für eine Persönlichkeit wichtig. Dazu gehört sicher auch die Anerkennung durch andere. Ob es aber immer darum geht „der/die Beste“ zu sein? Das Gegenüber zu schlagen und zu übertrumpfen? Im Jahr 2012 könnte man auch schon etwas weiter sein und vielleicht erkennen, dass man auch gemeinsam gewinnen kann. Dass es eben nicht darum geht, der einzige Champion zu sein – was ist schon ein Sieger, wenn all seine Gegner tot sind. Ein einsamer Freak, der letztendlich seine Stärke verliert, weil er nichts mehr hat, an dem er sich abarbeiten und messen kann. Die Hall of Fame wird von niemandem mehr besucht. Der Ruhm ist gar keiner mehr sondern schneller vergänglich als frisch gefallener Schnee.

Noch einmal der Vergleich mit Muse. Die schaffen es ganz schön, auf den Augenblick abzuheben. Die wissen, dass es nur diese paar Momente sind, in denen du dich sonnen darfst und für die es sich auch lohnt zu trainieren, zu kämpfen und dran zu glauben. Dass es danach wieder weiter geht im normalen Leben ist aber genauso ein Gesetz. Und das vermisse ich schon ein bisschen an der Hymne von The Script. Ein Sieg gegen sich selbst verändert das Leben. Verändert die Sicht auf die Dinge. Und ist vielleicht auch eine großartige Erinnerung für alles was danach kommt. Aber es macht einen nicht automatisch zum besseren Menschen.

Ich würde ja ganz gern solche Worte und Träume wie „weltweiter Ruhm“ oder „Held“ aus dem Popwortschatz streichen. Wird wahrscheinlich nicht passieren – denn grade im Pop leben Märchen ja besonders lang und bunt weiter.




Samstag, 15. Dezember 2012

LAING: Morgens immer müde



Wie klingt eigentlich moderne, wegweisende Popmusik aus Deutschland? Ist das etwas, das in der Art von Lena daher kommt? Hmm – Erfolg wird das Modell sicherlich noch eine ganze, lange Weile haben. Aber Innovation – das dürfte anders klingen. Also doch eher so ein Rap-Pop-Aufguss, wie ihn CRO und Marteria im vergangenen Jahr abgeliefert haben? Hier lässt sich schon wesentlich mehr Entwicklungspotenzial ausmachen. Nicht umsonst ist der Sound seit etwa einem Jahr ordentlich erfolgreich und hat eine Reihe von Spielarten und Protagonisten gefunden. Ob’s nun Mainstream-Acts sind wie die beiden Genannten oder politisch bewusste und anständig independent geerdete Künstlerinnen wie Sookee/Kobito sind. Letztere übrigens schon wesentlich länger auf dieser Spielwiese unterwegs und vielleicht sogar so etwas wie Wegbereiter für den neuen Mainstream. Da lag also seit einiger Zeit etwas in der Luft, das sich nunmehr in so etwas wie einem eigenen Genre wiederfindet. Mit der intellektuell-albernen Variante von Shaban & Käptn Peng gibt es dann mittlerweile sogar so etwas wie eine Gegenthese. Wenn das nicht der Beweis dafür ist, dass sich hier etwas getan hat …

Vielleicht ist all das aber auch schon Schnee von gestern, denn seit ein paar Wochen ist ein Titel populär, der irgendwie nochmal anders aufhorchen lässt. Da tuckern ein paar Minimal-Electro-Beats und –sounds aus den Boxen und dazu ertönt ein etwas zickiger Gesang (auch hier teilweise sehr nahe am Sprechgesang orientiert) von vier jungen Damen: Morgens immer müde.



Der Titel ist offenkundig ungewöhnlich: So reduziert wie kaum etwas im Pop-Radio zurzeit. Gleichzeitig aber eingängig – oder sagen wir catchy. Das kann ich sofort mitsingen und bin im besten Fall von der doch eher positiven Laune angesteckt. Auch wenn das zugeknöpfte Total-Styling erstmal ein wenig bieder-gekünstelt und aufgesetzt wirkt und mich vielleicht auch ein bisschen draußen lässt.

Natürlich kommt der Sound alles andere als völlig aus dem Nichts. Ich würd mal sagen, der Weg für den breiten Erfolg wurde in jedem Fall geebnet durch so einen Hit wie Sky And Sand von Paul & Fritz Kalkbrenner. Der verband schon genauso einen eher reduzierten Sound, eine minimale Melodie mit deutlich an Pop orientiertem Gesang. Die Nachfolgeproduktionen von Fritz Kalkbrenner loten derzeit noch intensivst aus, wie weit man mit dieser Mischung gehen kann. Auch wenn es da schon so gut wie gar nicht mehr um melodiöse Reduktion oder Minimalismus geht.

Mit LAING wird nun vor allem der Gesang noch ein klein wenig mehr in den Vordergrund gerückt – macht auch Sinn, denn die vier Damen haben ordentlich was drauf und können auch a capella prima überzeugen. Das ist so etwas wie die Wise Guys auf ’nem Elektroniksound. Und das ist die eigentlich neue Qualität der Band. Inwieweit dieser Stil auf längere Zeit überraschen kann und damit auch Bestand hat, werden wir sehen. Zumindest ist es schon mal bezeichnend, dass LAING zwar nach ihrem zweiten Platz bei Stefan Raabs Bundesvision Song Contest erstmals ordentlich Aufmerksamkeit erhielten, aber so richtig ging es erst mit Verzögerung los. Und zwei Monate nach dem Contest wollen immer noch genügend Leute LAING hören und sehen – was jetzt gar nicht mehr in so direktem Zusammenhang mit dem TV-Ereignis steht.

Lustig an LAING ist auch, dass sie es nicht bei einem offiziellen Video belassen. Mittlerweile kursiert mindestens ein zweites genauso offizielles. Bildkunst ist die neue Form des Remixens – das ist keine Neuigkeit, aber erst seit Gangnam Style auch im letzten Hirn angekommen. LAING kümmern sich allerdings gleich selbst darum, dass es nicht nur bei einer Video-Interpretation bleibt. Das nenn’ ich mal auf der Höhe der Zeit. Schade nur, dass nach wie vor eine Zensierung durch die GEMA zu erwarten ist. Das erste offizielle Video darf auf youtube beispielsweise momentan nicht in Deutschland gespielt werden.



Zu guter letzt – und auch das ist bekannt: LAING sind auch deshalb ein moderner Act, weil sie es gar nicht nötig haben, permanent alles neu zu erfinden. Sie greifen gern auf Bestehendes zurück und machen daraus ihr eigenes Neues. Es ist eben keinesfalls so, dass eine Cover-Version ein Weniger an Kreativität bedeutet. (In Casting-Shows geht’s ja meistens darum, den Ton des Originals zu treffen – wie langweilig!) Zum Beweis darf man sich ruhig mal das Original von Morgens immer müde aus dem Jahr 1960 von Trude Herr anhören/ansehen. Das hat mit heute gar nichts mehr zu tun und es wurde höchste Zeit, dass dieses generationenweit verbreitete Morgenmüdigkeitsgefühl auch in eine zeitgemäße musikalische Version übersetzt wurde. Weg mit dem verrucht-überdrehten Künstlerklischee – rein in den gewöhnlichen Sonntagmorgenalltag. Danke.







Sonntag, 9. Dezember 2012

K (Alicia Keys): Girl On Fire

Genau genommen, hatte ich sehr lange Zeit meine Schwierigkeiten mit Alicia Keys. Ich weiß auch nicht, warum. Ihr erstes Auftauchen im Mainstream vor etwas mehr als 10 Jahren war so etwas wie ein Knall. Fallin’ erschien und wurde geliebt. Klar, junge und gutaussehende Frau am Klavier – das hat Potenzial. Dabei war der Erfolg von Fallin’ gar nicht so sehr vorherzusehen. Immerhin war es nicht nur eine sich einschmusende Melodie, sondern da war auch etwas Sperriges, fast Dissonantes. Eigentlich ein Grund, den Song und seine Interpretin ins Herz zu schließen.

Warum das für lange Zeit bei mir nicht passierte, lag vermutlich daran, dass mir diese Konzentration aufs Wesentliche, auf die Stimme und ein oder zwei Instrumente lange Zeit suspekt erschien. Warum macht eine Frau Anfang des 21. Jahrhunderts Musik, die von ihren Voraussetzungen her auch schon 1980 hätte erscheinen können? Oder sogar noch früher? – Alicia Keys, das hatte für mich irgendwie auch etwas seltsam Unzeitgemäßes.

Und dann kamen zwei Kollaborationen, bei denen ich aufhorchte. Für den James-Bond-Film A Quantum of Solace ging Alicia Keys mit Jack White ins Studio um Another Way To Die einzuspielen und heraus kam ein großartiger und fast schon sezierter James-Bond-Titelsong. Ein Jahr später nahm sie mit JAY-Z Empire State Of Mind auf – eine vor drei Jahren durchaus gewagte Kombination. Beide Songs zeigten, dass Alicia Keys tatsächlich nicht nur eine kraftvolle Stimme hat und Klavier spielen kann – sondern dass sie auch Lust auf Neues hat, auf Grenzüberschreitungen und Modernität. Kurzum: Alicia Keys etablierte sich tatsächlich als eine Künstlerin, die bewusst im Hier und Jetzt lebt.

Und nun ist Alicia Keys mit einem neuen Album da: Girl on Fire. Mittlerweile sieht sie sich selbst (oder ihr Label) offenbar als einen Superstar an, der nur noch mit einem einzigen Buchstaben bezeichnet wird: K. Das ist vielleicht ein wenig übertrieben – vielleicht auch ein wenig zu hip. Ich bin zumindest gespannt, wieviele Damen dieses Privileg in nächster Zeit noch für sich Anspruch nehmen.



Der Titelsong des neuen Albums kommt in gewohnter Tradition daher: Alicia Keys’ Stimme sehr zentral eingesetzt und ein markanter Refrain, der sich ganz gut ins musikalische Gedächtnis gräbt. Vielleicht tut man diesen Titel auch erstmal ab: is ok, aber nichts wirklich Besonderes. – Dann erwischt einen der Song aber doch noch ein zweites und drittes mal und jetzt fällt die starke Rhythmusorientierung auf. Immer auch ordentlich dick produziert – sogar mit Anflügen an Breitwandpoprock aus den 80ern – sind es vor allem die Drums, welche den Gesang tragen und einbetten. Das ist dick und vielleicht auch pathetisch – aber es ist eben auch ordentlich reduziert. Vielleicht so etwas wie Glam-Minimalismus.

So wie der Gesang den Song bestimmt, so tritt die Sängerin im zugehörigen Video sehr zentral und sehr selbstbewusst auf. Stark gestylt inszeniert sie sich vor groß gemustertem Hintergrund oder als Akteurin in einer ziemlich stark überzeichneten Alltagswelt. Das Ganze ist niemals real sondern könnte Bild für Bild ein pompöses Gemälde sein oder eine ordentlich ausgestattete Modefotografie. Mit einem gehörigen Schuss 60s-Styling wird das Ganze dann endgültig zu einem Lifestyle-Werbeclip, das Mode, Möbel oder Kosmetik anpreisen könnte.

Wie sehr Alicia Keys damit einen aktuellen Trend bedient zeigt die Version des Songs, bei der zwei kleine Rap-Parts von Nicki Minaj hinzugefügt wurden. Die für ihre totale und überdrehte Künstlichkeit bekannte Nicki passt zum Video, als wäre es ihr eigenes. Ob ich das nun besonders gut oder eher langweilig berechnend finde, weiss ich noch nicht. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beidem.

Was mich in jedem Fall nervt, ist die Vermarktung des eher winzigen (und für meine Begriffe auch völlig überflüssigen) Parts von Nicki Minaj. Media control und alle darauf basierenden Auswertungen listen hinter dem Songtitel Girl On Fire fleißig Alicia Keys feat. Nicki Minaj. Dabei präsentiert die CD-Single auf dem Cover Alicia Keys allein. Und die Version mit Nicki erscheint auch nur als zweiter, als dazugegebener Track.

Auch im Digitalversand – dort sogar noch stärker – hat die Variante allein gesungen von Alicia Keys deutlich die Nase vorn. iTunes listet die Version auf Nr. 8 – im Unterschied zu Platz 66 für die Duett-Variante), bei amazon sieht’s ein wenig anders aus, die Inferno Version steht aktuell auf der 15, die Main version auf der 19. So viel also mal zu der Zuverlässigkeit und vor allem der Genauigkeit des chartermittelnden Instituts der Musikindustrie.

Zurück zu Girl On Fire. Der Song setzt sich derweil ordentlich durch. Langsam startete er und hat sich nun innerhalb von einem Monat doch zu einem passablen kommerziellen Erfolg gemausert. Man könnte auch von einem Hit sprechen. Alicia Keys steht damit mehr als 10 Jahre lang als Top-Musikerin im Business. Das K auf dem Cover der Single ist also vielleicht doch berechtigt.


Montag, 3. Dezember 2012

P!nk: Try

Wenn wir jetzt eine Umfrage starten würden nach den wichtigsten Künstlerinnen der letzten 10 bis 15 Jahre – wer würde uns da wohl einfallen? Wahrscheinlich so was wie Lady Gaga, Rihanna, eventuell würden auch Katy Perry oder Adele genannt. Aber würde jemand auf P!nk kommen? – Wahrscheinlich nur die wenigsten und genau das ist komisch. Denn streng genommen gehört P!nk zu den produktivsten und erfolgreichsten Rock-Musikerinnen seit dem Jahrtausendwechsel. Von den 26 Singles, die mit ihrem Namen versehen sind haben sich mittlerweile ganze 17 so massiv verkaufen können, dass sie in den deutschen Top 10 landeten. Keine schlechte Bilanz. Und das in einer Zeit, in der sich rockigere Töne nicht immer so ganz leicht tun. Von Frauen sowieso nicht.

P!nk also singt sich nun schon eine ganze Weile in die Ohren und Herzen der Menschen. Sie tut das gerne etwas lauter. Das ist vielleicht nicht immer jedermanns Sache. Aber es macht gut Luft und baut Frust ab. P!nk scheint davon eine ganze Menge zu haben. Zum Beispiel geht es in ihrer aktuellen Single Try darum, dass sie irgendwie immer den Falschen erwischt. Zunächst mal sieht der smarte Mann im Video ganz nett aus. Aber Colt Prattes spielt bzw. tanzt hier ein richtiges Arschloch. Da ist nicht viel mit Zärtlichkeit und Zuneigung, da geht's eher um's eigene Ego und darum, den/die andere zu verletzen. Das ist im Falle von Try künstlerisch überhöht in eine Choreographie gegossen – könnte so in jedem zeitgenössischen Stück Tanztheater bestehen.

P!nk derweil kann sich aus diesem Beziehungsdrama nicht so recht lösen. Zumindest behauptet sie felsenfest, es wäre immer noch einen Versuch wert. So leicht stirbt es sich nicht. Da spielt P!nk also ganz doll die toughe Frau, die nichts umhaut, die immer wieder aufsteht. Das ist ja so ein bisschen auch der Grund, warum sie gern rumgezeigt wird und als Role Modell für die moderne Frau genannt wird. Ist nichts gegen einzuwenden. Warum eine starke Frau aber so wenig auf ihr Gefühlsleben achtet – das verstehe ich wirklich nicht. Nur weil ein Kerl gut aussieht, muss man's nicht immer wieder mit ihm versuchen. Da fänd' ich's besser P!nk hätte die Stärke und würde den Vogel in die Wüste schicken (was sie in anderen Songs ja auch schon mit Bravour gemacht hat).

Das Cover zum Song legt noch eine andere Interpretationslinie aus. Mit Maske vor den Augen ist die ganze vage umschriebene Nummer mit dem Verletzen und Verletzt-Werden mit viel Wohlwollen auch als Spiel zu lesen. Ein Spiel von Unterwerfung und Dominanz. Allerdings ändert das für mich nichts an dem, wie Menschen im Alltag funktionieren sollten. Wenn's da um Machtspiele geht isses einfach Sch.... – egal welche sexuellen Vorlieben ich habe.



Try ist also irgendwie nicht ganz so tough – kommt ja auch beinahe als Ballade daher. Es ist eine Art Abrechnung, aber irgendwie nur eine halbe. Für mich sieht das alles auch ein bisschen unfertig, unentschlossen aus. Dieses Gefühl habe ich durchaus häufiger bei P!nk. Kann natürlich auch total daran liegen, dass ich nicht die Zielgruppe bin. Männlich und mittlerweile auch nicht mehr der Jüngste – da sind die Maßstäbe vielleicht andere. Allemal konsequenter und sympathischer als Frau Gaga oder Madame Rihanna ist P!nk in jedem Fall.

Freitag, 23. November 2012

Emeli Sandé: Read All About It Pt. III



Emeli Sandé, vor gut einem Jahr allerhöchstens ein Geheimtipp, ist plötzlich zum Star geworden. Das ist in diesem Jahr auch schon anderen passiert. Lykke Li zum Beispiel, um mal das jüngste und wohl auch populärste Beispiel des Jahres 2012 zu nennen. Anders als bei Lykke Li aber, hat der Erfolg von Emeli Sandé jedoch auch Auswirkungen darauf, wie sie wahrgenommen wird.

Ich kann mich noch ganz gut erinnern. Zunächst tauchte Emeli Sandé als Gastsängerin auf den Veröffentlichungen von Rap- und Grime-Stars auf wie Chipmunk, Wiley oder auch Professor Green. Das waren 2008 bis 2010 die heißen Acts in Britannien und allesamt auch kommerziell erfolgreich. In Deutschland hat sich Grime sonderbarerweise nie auch nur ansatzweise durchgesetzt. Demzufolge blieb auch so eine Stimme wie die von Emeli Sandé nahezu ungehört. Ihr Solo-Debüt Heaven war dann in ihrer Heimat so etwas wie ein verspäteter Sommerhit und für allerlei Marktbeobachter der absolute Geheimtipp. Der Song war cool – verband er doch Retro-Drum’n’Bass-Elemente mit funky Bläsern und soul-geschwängerten Gesängen. Diese Fusion ließ sich ganz gut als Fortsetzung der 90er im Jetzt beschreiben.



In Deutschland war diese Mixtur vor einem Jahr eindeutig zu weit weg, zu unattraktiv. Emeli Sandé brauchte erst das sehr auf Mainstream gebürstete Next To Me, um sich hierzulande zumindest mal vorzustellen.

Und dann kamen die Olympischen Spiele 2012 in London. Emeli Sandé war – als die britische Newcomerin des Moments – eine der Main-Acts während der Eröffnungs- und Abschlussshow. Und damit wurde sie von einem Millionenpublikum wahrgenommen. Ihr Auftritt zur Eröffnung mit Abide With Me war vielleicht einer der ergreifendsten Momente des Spektakels. Vermarktet wurde dann jedoch ihre Version von Read All About It, das während der Übertragung mit sehr emotionalen Szenen der Spiele bebildert wurde und so offenbar eine Menge Menschen anrührte. hier gehts zum offiziellen Mitschnitt

In einer Reihe von Ländern wurde der Titel daraufhin als Single vermarktet, in Deutschland gibt es meines Wissens bis heute das Ganze nur als Albumtrack in digitaler Form. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, wie sich der Titel mehr und mehr durchsetzt. Beständig steigt die Nachfrage, so dass media control den Titel mittlerweile sogar in den deutschen Top 10 meldet. Nochmal: als offizielle Single hab ich ihn hierzulande noch nicht gefunden. Und die Radiostationen halten sich insgesamt auch eher bedeckt. Das entspricht ziemlich genau dem Verfahren wie es beim erstmaligen Erscheinen des Titels vor etwa einem Jahr zu erleben war. Damals diente die Aufnahme als Background für Professor Greens Rap.



Was die Industrie so schön verschläft, das ist beim Publikum schon lange ein Standard. Mittlerweile gehören Songs von Emeli Sandé zum Repertoire bei Castingshow-Kandidaten. Und damit beginnt das eigentliche Dilemma der Künstlerin. Ohne jemals wirklich eine Chance gehabt zu haben, sich als ernstzunehmende Interpretin zu etablieren, landet sie jetzt in der Wühl- und Grabbelkiste des Teenie-Mainstreams. Und plötzlich klingt ihr Heaven gar nicht mehr faszinierend oder spannend. Plötzlich höre ich einen auf Eingängigkeit getrimmten Refrain, ich höre wohlgefälligen Gesang und emotional-duselige Streicher.

Kann es sein, dass wir viel weniger die wirklichen Töne hören, sondern immer schon mit einer vorgeprägten Meinung an Musik herangehen? Im Fall von Emeli Sandé kann ich mir den zu beobachtenden Effekt nicht anders erklären. So schnell kann sich Musikerfahrung doch nicht ändern.

Read All About It (Pt. III) hat vielleicht ein wenig mehr Glück, denn die pure Akustik-Version, in der es gerade kursiert, schaltet den Verdacht auf marktkonformes Anbiedern nahezu automatisch aus. Wenn da nicht gerade eine auffällige, allgemeine Lust an reduzierten Songinterpretationen zu beobachten wäre …








Freitag, 16. November 2012

Bruno Mars: Locked Out Of Heaven



Bitte was ist an diesem Typen dran? Was macht ihn so erfolgreich? Ich hatte gedacht und gehofft, noch ein bisschen Nachwehen zu Grenade und das war’s. Weit gefehlt. Bruno Mars ist immer noch da, aktiv und erfolgreich. Nicht nur solo, sondern auch als Gastmusiker. Ob es nun Kaliber sind wie Eminem oder Snoop Dogg oder eher Jungstars in der Art Travie McCoy oder GOLD 1 der Junge wird herumgereicht als gäb’s keine andere Stimme mehr.

Ok – in Zeiten der Superelektronik sehnen sich also alle nach „echten“ Musikern. Solche, die noch Klavier spielen können. Und wenn dann jemand in Richtung Soul geht, dann ist das ja sowieso klar, dass der auch ordentlich handgemacht daherkommt. Alles gut und schön. Aber warum muss es eigentlich immer so ein Gejammer sein. Ich erinner mich noch mit Grauen an dieses Video: junger Mann (Bruno Mars) zerrt sein Klavier durch die Welt um auszudrücken wie sehr er leidet und welch schwere Bürde er da mit sich rumschleppt … Platt und auch ordentlich weinerlich. Muss alles, wo Soul (Seele) drauf steht immer auch gleich gefühlskitschig und weichgespült sein?

Die neue Single Locked Out Of heaven zeigt glücklicherweise: Nein, muss es nicht unbedingt. Sehr schön von Mark Ronson produziert, der ja auch Soul-Dame Amy Winehouse mit ordentlich Pep und Gegenwartsbezug versehen hat, schafft mit ein paar verzerrten Pfeifftönen und vor allem einem schön treibenden Rhythmus, dass dieses Stück tatsächlich hervorsticht aus dem Allerweltsbrei. Das hat der Junge ganz gut drauf.

Allerdings bleibt da immer noch Bruno Mars’ Gesang. Und der ist so wie er halt ist: gequält jammernd, flehend … Dabei geht’s doch eigentlich um sowas wie Glücksgefühle, oder? Ist wunderbarer Sex etwas, das einen zum Weinen bringen sollte? – Das ist schon ein ungeheurer Dreh’ in der totalen Erfüllung noch so etwas von sich geben zu können wie: „Mensch, ich bin echt schon lange nicht mehr so gut drauf gewesen.“ Mal abgesehen davon, dass die Person echt nicht zu beneiden ist um ihr Leben, so einen Satz könnte man dann immer noch mit dem totalen Extase-Glück abfeiern. Den Moment leben. – Bruno Mars denkt aber gleich daran, dass alles gleich vorbei ist und fleht Can’t I Stay Here … ich vermute mal, sein Glas ist immer halb leer. Schade drum! Menschen, die das Leben zu genießen wissen, sind in der Regel sehr viel besser drauf und vor allem auch sehr viel erträglicher für ihre Mitmenschen.



Im Video selber verausgabt sich Bruno Mars ordentlich – ja, das steht ihm ganz gut und macht ihn (zumindest in den Partyszenen) tatsächlich zum attraktiven, begehrenswerten Objekt. Kann ich mir schon vorstellen, dass ein Mann der sich so auf der Bühne verausgabt auch in anderen Situationen ordentlich alles aus sich herausholt. Die dazwischen reingeschnittenen Szenen mit der Jungs-Clique und dem Flaschendrehen, die kapier ich dagegen nicht. Wird jemand attraktiver, weil er mit seinen Jungs so schön saufen kann? Oder braucht Bruno Mars tatsächlich das Coolness-Gehabe und Startum um sich verkaufen zu können? Da hätt’ ich ihm schon ein bisschen mehr Selbstbewusstsein zugetraut.

Irgendwo habe ich gelesen, dass das Video bewusst im Vintage-Style gehalten ist. – Hmm, das ist dann mal so eine Aussage, Wer Vintage-Style mag, und da gibt’s ja schon einige – siehe Macklemore und seine Konsum-Verweigerungshymne Thrift Shop – der/die findet das vermutlich großartig. Als reines Stilmittel ist es total albern. Sollte Bruno Mars das Video tatsächlich mit alter Technik gedreht haben und da ein bisschen herumgeschraubt, damit es nicht ganz so realistisch aussieht – das wäre großartig. Vermutlich ist aber das Ganze eher mit dem allerneuesten Equipment hergestellt worden und die ganzen analogen Effekte über ein digitales Plugin mühevoll nachgestellt worden. Das muss man alles auch erstmal wollen. (Aber worüber wundere ich mich: Menschen fanden es ja eine ganze Zeit lang auch toll, wenn ihre nagelneuen Jeans künstlich zerschranzt und gealtert waren. Nach Bruno Mars ist die Welle offensichtlich auch noch lang nicht vorbei.)

Ohne dieses ganze Vintage-Gedöns hätt’ ich die Art Bilder zu zeigen sehr gemocht. Anfangs hab ich ja irgendwie sogar gedacht, das sei irgendein 3D-Effekt und ich hätte mal wieder die neueste Entwicklung verpasst. Da gefiel mir dann, dass das Video irgendwie ja doch funktioniert – grade weil ich nicht alles erkenne. Und irgendwie dachte ich: abgedreht diese neuen Videomacher, produzieren Sachen, von denen sie wissen, dass es keiner so richtig angucken kann und schaffen durch das unperfekte Sehen eine neue Coolness ... so isses dann aber wohl doch eher nicht.

Bleibt zu sagen, dass für mich immer noch das Clubding an dem Song das eigentlich Überzeugende ist. Ohne den sich zum Höhepunkt steigernden, elektroiden Pfeifton wäre der Titel nämlich außerordentlich langweilig. Schön, dass es Menschen gibt, die Dinge zusammen schmeissen und eine neue Fusion herauskommt.




Freitag, 9. November 2012

Klangkarussell: Sonnentanz



Es gibt mal wieder einen Track, der hat es geschafft ohne übermächtige Medien-Promotion durch ein großes Label oder eine Fernseh-(Casting-)Show sich zu einem anständigen Hit zu mausern. Laut wikipedia-Gerüchten ist Sonnentanz vom österreichischen DJ-Duo Klangkarussell bereits vor einem Jahr erschienen – im Herbst 2011. Dann hat es irgendwann im Winter ein Indie-Musik-Blog empfohlen und von da an ging es los mit der viralen Verbreitung. Im Sommer 2012 war dann die kritische Masse erreicht und der Titel konnte sich als Download-Track in den Verkaufscharts der deutschsprachigen Länder platzieren. Das Dance-Label KONTOR entschied sich dann, tatsächlich auch eine CD zu veröffentlichen und dieser Release brachte dann den ganz breiten Mainstreamerfolg. Weil das Ganze so schön gewachsen ist, gehört Sonnentanz aber nach wie vor zu den überall gut angesehenen Titeln. Die allgemein übliche Schmähung von kommerziell erfolgreichen Titeln durch eine wie auch immer alternative und unabhängige Musikszene blieb bislang aus. Da hat sich also schon was getan in der deutschen Musiklandschaft – es ist ja nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass sich eine mehr oder weniger unabhängige Produktion ganz breit durchsetzen kann und trotzdem noch von allen Seiten halbwegs akzeptiert wird. Ich erinnere an dieser Stelle mal nur an die beiden Sommerhits von Lykke Li und Asaf Avidan/Wankelmut.

Das langsame Wachsen von Hits und die eher unterschwellige Vermarktung, das ist ein Konzept, welches durch das Label KONTOR in den letzten Jahren ordentlich professionalisiert wurde. Und mittlerweile anständig Erfolg hat. Die Hits aus dem Laden sind omnipräsent – nahezu jeder Titel aus dem Bereich Dance läuft über deren Plattform. Und wie machen die Jungs und Mädels das? Zum Beispiel gehen sie explizit freizügig mit der Verbreitung im Netz um. Videos sind auf allen Plattformen verfügbar, Remixe und Fan-Videos werden nicht untersagt oder zwangslizensiert. Da herrscht eine große Freude am wilden sharen und liken. Übrigens sehr im Sinne der Künstler selber. Wenn man sich zum Beispiel mal den google+-Kanal von Klangkarussell reinzieht, dann tauchen da unter deren Favoriten eine ganze Menge von Fan-Remixen und Coverversionen per Bild und Ton auf. Sogar eine Klavierversion ist darunter zu finden.



So hat es ein total unbekanntes DJ-Duo aus Österreich also innerhalb eines Jahres zu enormer Popularität gebracht. Irgendwie sind wir’s ja eher gewohnt, dass entspannte Clubmusik aus Berlin oder vielleicht auch noch aus Hamburg kommt. Salzburg hab ich da eher nicht auf meiner Landkarte. Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, wann der letzte großartige Act aus Österreich auch in der breiten Masse gut ankam. (Andreas Gaballier und DJ Ötzi nehm ich an dieser Stelle mal sowieso ganz raus.)

Ich gebe zu, dass ich zunächst mal mit dem Sonnentanz auch gar nicht so viel anfangen konnte. Ja, das war schon irgendwie lauschig – passte ganz gut zum aufziehenden Sommer, aber irgendwie war mir dieses Saxophon und das jazzy feeling eine Nummer zu intellektuell und schubidu. Mit Acid Jazz hatte ich nach einer kurzen Liebäugelei schon in den 90ern wieder abgeschlossen. Und irgendwie sind Klangkarussell für mich da in der Ecke gelandet.Nicht unwesentlich hat dazu dann auch noch das Video beigetragen, dass ich ja überhaupt nicht verstehe. Ist Blumen-im-Haar-Hippietum jetzt echt wieder cool?



Also damit hab ich schon meine Schwierigkeiten: verbrämte Romantik-Träumerei irgendwo weit weg von jeglicher Realität – das akzeptier ich als Fluchtbewegung, aber nicht als Lebenskonzept. Bzw. find ich es ziemlich erschreckend, dass brav, behütete Wohlstandskinder so etwas tatsächlich leben. Das scheint mir ordentlich nah am Abgrund und der harten Bruchlandung zu existieren.

Das waren so meine Bedenken. Und deshalb hat der Sonnentanz bei mir erstmal nicht so wesentlich viel bewirkt. Erst als ich den Track dann in einer komplett anderen Situation erlebt habe, wurde mir klar, was er auch sein kann. Entspannter Wohlfühl-Soundtrack für einen Nachmittag im Büro – oder als vorsichtige Einstimmung auf die große Aufregung. Klassischer Warm Up bzw. Chill Out. Immer in Kombination mit dem etwas härteren und ungeschminkteren Dasein. Ja – da macht es schon Sinn, auch mal Klangkarussell aufzulegen. Da kann ich sogar eine ganze Menge Energie rausziehen. Denn unmodern ist der Sound von Klangkarussell keineswegs. Die beiden haben von Kruder & Dorfmeister schon anständig viel gelernt. Und vielleicht sind die beiden auch diejenigen, die diesen Österreich-Sound in die Zukunft tragen. Einfach bitte ohne konkrete Bildwelt – dann könnt es was werden.







Sonntag, 4. November 2012

Robbie Williams: Candy



Es war schon ein bisschen hysterisch, was da so im Vorfeld des Robbie Williams-Albums Take The Crown zu lesen war. Ja ja – der Herr Williams gehört schon zu den aktivsten und auch erfolgreichsten Stars der letzten 15 Jahre. Und – was wesentlich bemerkenswerter ist – er ist wohl auch einer der wandlungsfähigsten. Vom Boygroup Bad Boy über den seriösen Swing-Unterhalter bis hin zum fast schon elektronischen Avatar hat er uns schon einiges geboten. Insofern ist die Neugierde auf das Kommende natürlich verständlich.

Und dann beschenkt er die Welt mit Candy: Kinderkaugummipop in rosa. Irgendwie auch enttäuschend. Seltsam durchschnittlich und unerwartet unspektakulär. Anders hätte er es vor 10 oder 15 Jahren auch nicht gemacht. Das ist das eigentlich Verwunderliche. Robbie Williams weigert sich einfach älter zu werden. Gut, das kennen wir von Madonna ja bereits zur Genüge. Allerdings würde ich Robbie Williams mit seinen fast 40 Jahren und dem Riesensack von Erfahrung im schillernden Pop-Business etwas mehr als alltagskompatibles Radiogedudel schon zutrauen. Stößt hier das Konzept Mainstream-Star doch an seine Grenzen? Ist das der Weisheit letzter Schluss: Experimente sind ganz schön, aber am Ende zählen nur die Hits? Kann ein Superstar irgendwann nicht mehr anders als nur noch darauf zu schauen, dass die breite Masse ja nicht verschreckt wird? War der Schock über den etwas weniger großen kommerziellen Erfolg des Albums Reality Killed The Video Star tatsächlich so groß? (Auch Rudebox drei Jahre zuvor war ja verglichen mit seinen großen Veröffentlichungen eher mäßig erfolgreich.) Oder ist es der Wechsel zu UNIVERSAL, der auch heißt – nicht anecken und bloß keine unberechenbaren Ideen?


Video by Joseph Kahn

Naja, Robbie Williams rennt immer noch im rosa Anzug durch die Straßen von London und macht sich mit Heiligenschein zum Klassenclown. Das muss man sich auch erstmal trauen und dann ohne Imageverlust durchziehen. Faxen machen und Grimassen schneiden kann er also gut. Die Entscheidung, der Komiker unter den Superstars zu sein, ist wahrscheinlich sogar ziemlich bewusst getroffen. Vermutlich hat ja Marc-Uwe Kling recht, wenn er sein Känguruh verkünden lässt: „Die einzigen Kategorien, die heute etwas zählen, sind „Witzig“ und „Nicht Witzig“.“ Irgendwie find ich’s trotzdem schade – und vor allem auf Dauer auch ermüdend. Ich guck mir jedenfalls keinen der Tausenden TV-Komiker mit seinen ach so erfolgreichen Shows an. Dabei müsste ich höchstens heulen.

Und so jagt also Robbie Williams der ein bisschen zu sehr von sich überzeugten Kaya Scodelario nach, macht ihr den Weg frei und lässt sich mehr als einmal verhauen oder mit Möbelstücken bewerfen. Ein bisschen genervt ist er schon – aber was soll’s, am Ende findet er die kleine Tussi ja doch bezaubernd. Das ist letztendlich dann auch das Problem des Immer-Witzig-Seins: Die schlimm Angepassten können einfach weiter machen wie sie wollen und man selber holt sich höchstens eine Menge blauer Flecken. Ändern tut sich aber gar nichts – höchstens vergisst man am Ende noch, wie man seine Zeit hätte auch besser verbringen können.



Montag, 29. Oktober 2012

R. Diamonds

Wenn mich derzeit irgendeine Person wirklich nervt im Pop-Zirkus, dann ist das Rihanna. Oder ist es eher Langeweile? Irgendwas dazwischen wahrscheinlich. Nervend ist die Hysterie der Internet-Medien-Maschine, die jeden Pups der jungen Dame zu einer Sensation hochpeitscht. Langweilig ist dagegen alles, was an Nachrichten von R kommt. Da kann ich eigentlich gar nichts ernst nehmen. Wirkliches Leben sieht für mich anders aus.

Und so hat’s mich dann auch überhaupt kein bisschen bewegt, als die Meldung kam, Rihanna hat ihr nächstes Album Unapologetic in den Startlöchern. Beschäftigen muss man sich dann aber doch damit, weil die Leitsingle Diamonds ja irgendwie doch allerorten präsent ist.

Also hör ich mir Diamonds an – und hab’s aber sofort wieder vergessen. Das ist doch auch mal schön: ein Song der absolut nicht stört. Der nicht mal das Potenzial hat, einen zu nerven, so belanglos kommt er daher.

In diversen Internet-Foren und wikipedia-Artikeln ist die Rede davon, dass Diamonds ja viel positiver ist. Es geht nicht mehr um das Luderding oder die fatale und kaputte Liebe, da schwingt plötzlich Hoffnung und Freude mit. Hmmm – Miss Rihanna scheint anzufangen ihr Leben zu mögen ...

Gut, gönnen wir ihr diese Freude. Vielleicht wirkt sich das auch auf ihr künstlerisches Schaffen aus und sie überrascht mich irgendwann wirklich mal wieder mit einem neuen Titel. Momentan ist die Zusammenarbeit mit einem Produzententeam wie Stargate nicht wirklich aufregend. Das ist eher die Variante: wir machen mal auf Nummer sicher. Spannend ist dagegen, dass dieses absolut berechenbare Ding sich tatsächlcih massiv durchsetzt: ohne Video, ohne CD-Release (geplant für den 9. November, vermutlich gekoppelt mit dem Release des Videos) – und dass die Dame mittlerweile einen einzigen Buchstaben völlig für sich vereinnahmt hat, ist mindestens genauso unglaublich. Da hat sie’s ordentlich zu was gebracht.


Sonntag, 21. Oktober 2012

Adele: Skyfall

Adele ist ein Superstar. Gar keine Frage. Nachdem ihr Album 21 alle möglichen Rekorde gebrochen hatte, war sie vor allem die amtliche Königin der Musikindustrie und auch der Medien. Als sie dann trotzdem auf große Konzerthallen und den ganzen Rummel verzichtete, blieb sie obendrein jedermanns Liebling und eine ernstgenommene Künstlerin. Mit ihrer Ankündigung im Frühjahr 2011 vorerst etwas länger zu pausieren, tat sie das einzig Richtige in ihrer Situation. Den großen Erwartungsdruck ignorieren und sich auf sich selbst besinnen. Dazu kam nun ein ganz schöner Glücksumstand: Adele wurde nämlich gebeten, den Titelsong zum nächsten James-Bond-Film aufzunehmen. Ganz grundsätzlich ja eine sichere Nummer, bei der nicht allzu viel schief gehen kann. Für sie aber auch die Chance ihrem Beruf und ihrer Leidenschaft weiter nachzugehen, ohne gleich ein komplettes Album abliefern zu müssen.

Und nun ist Skyfall also erschienen.Durchausvon medialem Geklapper begleitet, der aber nicht allein für den augenblicklichen Erfolg des Titels verantwortlich ist. Der Titel paart den gewohnten Bondfilm-Pathos mit der Unaufgeregtheit von Adeles Gesang. Und so kommt ein Klassiker heraus, der sich ohne Weiteres mit den Beiträgen von Shirley Bassey.,Gladys Knight oder Tina Turner messen kann. Die Verkaufszahlen unterstreichen das – auch wenn diese Auswertungen ja nicht immer dazu tugen zeitlose Qualität aufzuspüren.

Bleiben trotzdem mal kurz bei den Statistiken: Demnach ist Skyfall der erfolgreichste James-Bond-Titelsong aller Zeiten in Deutschland. Noch nie zuvor schaffte es ein Titel an die Spitze der Verkaufscharts. Madonna war zwar schon mal recht nahe dran, blieb aber letztendlich doch deutlich vor dem Ziel stecken.

Nun also hats funktioniert, nun hat die Medienhysterie um den Agenten tatsächlich nicht nur einen anständigen Popstar zum Vermarkten, sondern obendrein auch noch einen Song, der genauso klingt wie wir uns James Bond-Musik eben vorstellen. Und kein bisschen anders.



So viel Berechenbarkeit hinterlässt natürlich auch Spuren. Im Grunde ist nämlich Skyfall auch ganz schön langweilig. Da kann ich mich reinsteigern, wenn ich James-Bond-Fan bin. Oder eben Adele total unschlagbar finde. Aber wenn mich beides eigentlich nur mäßig interessiert, dann bleibt da zwar ein schöner Titel, der aber nichts wirklich Einmaliges hat. Für mein Empfinden ist Skyfal doch deutlich hinter dem zurück geblieben, was vielleicht möglich gewesen wäre. Andererseits hebt sich der Titel trotzdem ordentlich von dem sonst kursierenden Musikbrei ab. Im Moment läuft Skyfall in jedem Café und auf jedem Radiosender. Erstaunlich ist, wie gut das funktioniert. Hoffentlich ist das in drei Monaten auch immer noch so.





Samstag, 13. Oktober 2012

PSY 싸이: Gangnam Style 강남스타일

Klar muss auch dieses Ding hier durch den Reißwolf. Aber das ist gar nicht einfach, denn eigentlich ist in den letzten Monaten tatsächlich schon alles geschrieben worden. Was bleibt zu sagen?

Vielleicht, dass Korea auch in Westeuropa als Land der Kulturproduktion wahrgenommen werden könnte. Immerhin ist PSY nach dem Pianisten YIRUMA nun schon der zweite Musiker ist, der es innerhalb eines Jahres zu einer breiten Wahrnehmung hierzulande schafft. Und vorher? Da war mal im Jahr 1988 ein Projekt namens KOREANA, das es anlässlich der Olympischen Sommerspiele und einem Auftritt bei der Eröffnungsveranstaltung mit Hand In Hand zu einem internationalen Nummer 1-Hit brachte. Aber das war’s auch schon. Zu fremd und zu wenig westeuropäisch-nordamerikanisch durchproduziert das Ganze. Aber das ist längst Geschichte. Gangnam Style ist im Prinzip nichts Anderes als die Fortsetzung von LMFAO. Es ist genauso bunt, genauso laut und schrill und genauso ironisch wie Sexy And I Know It oder Party Rock Anthem.




Bezeichnend ist, dass Gangnam Style an Popularität sämtliche LMFAO-Produktionen zumindest hierzulande bei Weitem übertrifft. Wahrscheinlich ist PSY dann doch noch eine Winzigkeit konsequenter. Oder eben auch zu einem Zeitpunkt gekommen, an dem vom Prinzip alle mit der Mischung aus Brutaltanzsound und ironischer Brechung etwas anfangen können. Angesichts der Auflösung/Trennung von LMFAO wage ich auch zu fragen, ob der Erfolg von Gangnam Style nicht auch den absoluten Zenit dieser Richtung darstellt. Sicher wird es noch eine ganze Menge an ähnlichen Produktionen geben, sicher auch mit Erfolg, aber das Genre ist damit vermutlich durch.

Ob koreanische Produktionen mit dem Über-Erfolg von Gangnam Style weltweit weiter an Bedeutung gewinnen werden, finde ich weniger klar. Kann sehr gut sein, oder genauer: Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass PSY hierzulande als Eintagsfliege durchgeht. Riesenpopularität mit diesem einen Hit und danach Nichts mehr. Was das mit anderen Kulturgütern aus Korea anstellt, wird sich zeigen. Im asiatischen Raum ist K-Pop (가요) und K-Film eine ganz feste Größe. Anfang des Jahrtausends wurde in China eine sogenannte Koreanische Welle (한류) diagnostiziert, die mehr und mehr auch auf Japan, Vietnam, die Philippinen und sogar den Iran übergriff. Nordamerika war der nächste Kontinent, der erobert wurde. Zwar fristen koreanische Produktionen nach wie vor eher ein Nischendasein, aber zumindest im Filmgeschäft tauchen doch mehr und mehr koreanische Schauspieler in prominenten Rollen auf. An dieser Stelle nenne ich nur mal Yunjin Kim (김윤진) und Daniel Dae Kim (김대현), die als Hauptcast der Serie LOST sehr präsent waren. Und auch hierzulande lohnt sich ein Gang in die wohlgeordnete Videothek. Sollte Korea nicht sogar ein eigenes Regal haben, koreanische Filme finden sich mit Sicherheit en masse in den Regalen.

Gangnam Style ist also die Spitze der koreanischen Welle, die nun bis nach Mitteleuropa schwappt. Und was hinzu kommt, die Geschwindigkeit mit der dieser Hit uns hier erreicht hat neue Dimensionen. Im Juli wurde er erst in Korea veröffentlicht, im August war er bereits in den USA angekommen und landete im September in Europa um sogar in Deutschland noch vor Veröffentlichung auf CD die Nummer 1 der offiziellen Verkaufscharts zu werden. Was für einen nur digital erschienenen Titel in Deutschland immer noch eine ordentliche Leistung ist. Beschleuniger in diesem Fall natürlich mal wieder die Möglichkeiten des Internet. Das äußerst debile Video fand nämlich nicht nur Gefallen sondern besonders in Nordamerika eine ganze Reihe von Nachahmern. Klar waren es auch solche Show-Größen wie Katy Perry oder Britney Spears, die im Mainstream TV nochmal Aufmerksamkeit auf den Tanz lenkten. Aber zuvor hatten es bereits zahllose Fans (und Hasser) zu einem Muss innerhalb der Videoportale gemacht. Zwei meiner Favoriten könnt ihr hier anschauen:



Das macht natürlich unglaublich Spaß – egal ob Parodie oder simple Nachahmung. Und ich behaupte mal, jedes weitere Video, dass da erschien hat dazu geführt, auch dem Original ein paar Zuschauer mehr zuzuspielen. Konsequenterweise hat PSY dann auch schon recht bald das strenge Copyright frei gegeben – jede Parodie, jede Coverversion ist also legal. Offensichtlich versteht man in Korea eine Menge von moderner und aktueller Popkultur. Denn wie sonst, wenn nicht durch Kopie soll sich ein Titel so rasant verbreiten?

Nun leben wir in Deutschland in einem Land mit einer anderen Kulturtradition. Und hier wird bekanntermaßen sehr sehr viel Wert auf das traditionelle Urheberrecht gelegt. Welches besagt, dass nur der Künstler/die Künstlerin selbst entscheiden darf, was wie mit ihrem/seinem Werk geschieht. Man darf eben nicht einfach Gangnam Style nachdrehen, sondern muss vorher zumindest fragen. Und da in der ziemlich unübersichtlichen Massenkultur der Kontakt zu den Produzierenden recht schwer ist, verwalten immer mehr Institutionen und Verlage/Labels solche Urheberrechte. Und da geht es nicht immer darum, was das Beste für ein Stück Musik ist, sondern es geht eher um Macht (und irgendwie auch um Geld, wobei ich hier mal behaupte, dass die momentanen Aktionen den Labels nicht ein Mehr an Geld bringen, sondern eher verhindern, dass noch mehr Menschen auf ihre Produkte aufmerksam werden.) In Deutschland geschieht das auf ziemlich rabiate Art. Die GEMA sorgt zum Beispiel gerade dafür, dass möglichst viele Gangnam-Videos auf der Plattform youtube gesperrt werden. Das entspricht überhaupt nicht dem Willen des Künstlers selber, aber irgendein Label wird es gut finden. Zeigt sich einmal mehr, dass die entscheidenden Menschen hierzulande nichts mit populärer Kultur anzufangen wissen. Nicht mal in ihrem eigenen Interesse. Ich würde sagen, dass es so wenige deutsche Parodien gibt, liegt auch an der fast schon durchgesetzten Erziehung: Kopieren ist böse!

Bleibt letztendlich nur noch festzustellen: einen solchen Welt-Hit wie Gangnam Style wird es aus Deutschland wohl in nächster Zukunft nicht geben. (Am Beispiel von Lenas Satellite haben wir das ja vor Kurzem erst ganz gut durchexerziert – möglichst stark beschränkter Zugang hat eben auch dafür gesprgt, dassdieser tolle Song außerhalb Deutschlands nur mäßig einschlug.)





Sonntag, 7. Oktober 2012

Lena: Stardust

Was wird eigentlich aus einer jungen Frau, nachdem sie erfolgreich für den Eurovision Song Contest gecastet wurde?
Im besten Fall wird sie tatsächlich ein Popstar. Kommt zwar nur selten vor, aber gerade augenblicklich können wir genau das erleben. Nein – ich schreibe hier nicht über Loreen und ihr sagenhaft einfältiges, aber unglaublich oft verkauftes Euphoria. Bis diese Dame endgültig den Popstarhimmel erreicht ,braucht es noch ein wenig mehr. Dagegen scheint Lena, vor drei Jahren als Teilnehmerin aus Deutschland ins Rennen geschickt und mit Sieg heimgekehrt, nunmehr endgültig im Musikbusiness etabliert zu sein. Zumindest veröffentlicht sie gerade ihr drittes Album und die Verkaufszahlen des vorweg kursierenden Titelsongs Stardust lassen vermuten, dass auch dieses wie die Vorgängeralben massiv Zuspruch finden wird.

Das ist irgendwie uch seltsam, denn erstmal klingt Stardust gar nicht so sehr wie ein durchschlagender Ohrwurm. Wohlwollend beschrieben, ist es eher eine Melodie, die sich irgendwann unterschwellig festsetzt. Der eher naive Ohoo-oho-Refrain leistet da seinen Teil zuverlässig. Ein wenig ist das ja auch der Stil von Lena. Satellite war ein munteres Pop-Liedchen, das auch sehr von der kindlichen Naivität frischen Verliebtseins lebt. Stardust geht hier noch einen Schritt weiter. Das ist völlig verträumt, auf eine Art ordentlich verspielt und (zumindest im Text) mit reichlich Stardust-Glitzer bestreut.



Das Faszinierende an Lena ist für mich der Spagat zwischen Teenie-Naivität und Ernsthaftigkeit. Dass eine Anfang 20-jährige keine tief philosophischen Lebensweisheiten interpretiert, ist irgendwie normal und völlig in Ordnung. Dass diese Lieder dann trotzdem ziemlich seriös klingen und sogar ein älteres Publikum begeistern können, ist da schon sehr viel ungewöhnlicher. Vielleicht will Lena dem erwachsenen Musikkäufer ein Stückchen Unbeschwertheit mit auf den Weg geben. Ohne die Welt gleich verbessern zu wollen. Harmloser Alltagspop also. Der auch irgendwie funktioniert. Denn vermutlich hat sich jeder schon einmal dabei erwischt, wie er oder sie leise mitsummt.

An dieser Stelle mag man kritisch anmerken: Ist das nicht auch schlimm? Musik, die alles rosa einpudert und gehörig ablenkt von den wichtigen Dingen auf der Welt? – Mag sein. Dennoch braucht es wohl auch diese Momente, in denen es nicht nur um Auseinandersetzung mit dem Hier und Heute geht. In denen auch mal alles vergessen und einfach geträumt werden darf. Wenn nicht das komplette Leben so verläuft.

Bei Lena weiss ich noch nicht, wie sehr sie sich auch mit Themen auseinandersetzt, die mehr beschreiben als ein Verliebtsein oder die Hoffnung auf Sternenstaub. Vielleicht ist sie auch (noch) das Mädchen, das einfach nur singen möchte. Momentan sieht es ein bisschen danach aus. Dem aktuellen wikipedia-Tratsch ist zum Beispiel gerade zu entnehmen, dass sie die neue Aufnahme der Sesamstraßen-Titelmelodie singen darf. Sicher eine große Ehre, allemal eine wunderbare Geschichte innerhalb der Popwelt. Ob damit Heranwachsende für Musik interessiert werden können, die nicht komplett synthetisch ist, weiß ich nicht. Es wäre schön. Dann hätte Lena mit ihren Liedern ja doch schon etwas mehr erreicht als nur Ablenkung vom Alltagsärger.





Freitag, 28. September 2012

MARTERIA • YASHA • MISS PLATNUM: Lila Wolken

Schon wieder sind es Wolken, die einem Hit zum Titel verhelfen. Da scheint eine gehörige Sehnsucht nach diesen Dingern zu bestehen. Denn um bedrohliche Gewitterwolken oder andere gefährliche Dinger geht es weder bei Wolke 7 noch bei Lila Wolken. Vielleicht klingt es ein bisschen verstrahlt – und ist nach einer durchfeierten Nacht natürlich auch genauso gemeint – die Wolken morgens haben nunmal die allerwunderlichsten Farben. Und diese Wolken stehen für ein irgendwie nicht genau zu definierendes, wohltuendes Gefühl. Es ist so etwas wie Freiheit und Glück, die sich breit machen am frühesten Morgen. Es ist auch dieses unendliche Gefühl, leergefegter Straßen und Städte. Keine Grenzen, keine sozialen Zwänge.

Davon erzählt also Lila Wolken des Trios MARTERIA • YASHA • MISS PLATNUM. Und damit beschreiben sie ziemlich genau das Gefühl, die Sehnsucht einer Jugend, die aufwächst im Kommunikations- und Krisenstress des noch jungen Jahrhunderts. In den 90ern, da wurde es zur Normalität die Nächte durchzufeiern und frühestens Sonntagmittag ans Nachhausegehen zu denken. Eigentlich gings sogar dann noch weiter. 2012 muss man dieses Recht auf unbeschränktes Feiern schon wieder ordentlich einfordern. Ordnungshüter, unzählige Regelungen, ein immer härter werdendes Jobsystem und die allgemein wachsende Spießigkeit lassen es gar nicht mehr so selbstverständlich sein, sich seine Freizeit zu gestalten wie es einem gefällt. Lila Wolken ist ein bisschen die Hymne zu diesem Aufbegehren.

Das ist natürlich kein völlig neues Verlangen, dass sich da breit macht. Bei mir stellte sich auch bei der allerersten Begegnung mit den Lila Wolken sofort ein Deja vu-Effekt ein: Kennste das nich? Und dann hat es nochmal einen Tag und eine Nacht gedauert bis mir auffiel: Lila Wolken ist im Grunde die konsequente Fortsetzung von Augen zu, welches vor zwei Jahren allerorten präsent war.



Im direkten Vergleich hab ich sogar das Gefühl, dass Marteria & Co. mindestens mit einem Ohr ziemlich direkt auf diesen Titel gehorcht haben. Auch dort spielen zumindest rosarote Wolken eine Rolle. Und die Stimmung ist ohnehin genau dieselbe. Nur, dass Kobito&Sookee (aka Deine Elstern) sich nach der Nacht ganz frei und fertig einfach nur nach ihrem Bett sehnen dürfen. So einfach haben's die neuen Helden 2012 nicht. Aber die sind ja auch nicht mehr ganz so Underground und Independent – und wahrscheinlich auch viel weniger cool als Kobito&Sookee.

Das wird deutlich, wenn man sich mal das Video zu Lila Wolken betrachtet. Zuerstmal frappiert dieser Zufall: Lila Wolken löst Reckoning Song / One Day als Party Hymne ab. Und wie als wäre Popmusik eine Soap schließt auch die Bildwelt an die Ausgelassenheit und die Wildheit der ungehemmten Feierei des Vorgängers an. Allerdings belässt es Lila Wolken nicht bei der Einfachheit der direkt widergegebenen Wirklichkeit, das Video fährt schon eine ordentliche Portion Inszenierung und Protz auf. Da gibt es Kameraflüge, Marteria, Yasha und Miss Platnum klettern auf ein Riesengasometer, eine Gestalt mir Gesichtsmaske schleicht durchs Video und am Ende gibt es auch ein auf dem Wasser treibendes Bett. Das ist schon enorm pathetisch. Reicht das wirkliche Leben eigentlich nicht?

Richtig böse und leider auch bieder wird es aber durch die Einsprengsel von möglicherweise realen Partyszenen. Da wird mit nackter Haut und Freizügigkeit geprahlt. Guckt mal, was wir uns trauen! Keine Angst, keine Scheu, keine Grenzen! Großartig! – Aber im Video wird’s dann doch gepixelt oder mit schwarzen Balken versehen. Brüste oder Pimmel auf dem Bildschirm, das geht einfach nicht! So viel Freiheit ist dann doch eindeutig zu heftig.



Frag ich mich jetzt: in welcher Welt leben wir eigentlich, dass wir die komplette Nacktheit so sehr verstecken müssen? Selbst wenn sie nur Sekundenbruchteile auftaucht und also sowieso nicht wirklich wahrzunehmen ist? Da war die deutsche Öffentlichkeit schon mal wesentlich weiter. In den 80ern gab es in solchen Biedersoaps wie der Lindenstraße kaum eine Folge, in der nicht ein nackter Mann oder eine nackte Frau durch’s Bild lief. Ohne Balken oder Wegblenden.

Was in der Lindenstraße nicht mehr geht, geht im Musikfernsehen offensichtlich auch nicht mehr. Und hier meine ich den Vergleich sehr ernst. Lila Wolken ist insgesamt und mit seinem Erfolg eben doch zuallererst mal biederer Mainstream. Da hilft’s auch nicht viel, dass sich sowohl Marteria wie auch Miss Platnum in den letzten vier Jahren erst ganz langsam nach oben arbeiten mussten. Irgendwo war es nötig Kompromisse zu schließen, sich anzupassen, erwachsen und gesetzt zu werden. Warten wir auf die nächste Generation, die wirklich auf alles scheißt und nur ihr Ding macht.


Am Ende dann noch ein kleiner Ausblick: die EP enthält noch vier weitere Tracks, unter anderem Feuer welches vom musikkaufenden Publikum zum zweiten Lieblingstrack auserkoren wurde. Die Anleihen an Prodigys Firestarter sind deutlich, die visuelle Inszenierung noch grober: MARTERIA • YASHA • MISS PLATNUM sind angetreten, die nächsten Pop-Superstars zu sein.







Freitag, 21. September 2012

David Guetta feat. NE-YO & Akon: Play Hard

David Guetta die Zweite. Da ist sein Album Nothing But The Beat 2.0 draußen – wie schon erläutert ist es nur ein Neuaufguss – und es geht doch tatsächlich nochmal in die Top 10 der Albumcharts. Nicht nur dass, wie im vergangenen Jahr auch, geht tatsächlich ein Einzeltrack im Verkauf so gut über den virtuellen Ladentisch, dass er in der neuesten Ausgabe der Single-Charts an Position 9 notiert wird. In diesem Fall ist es Play Hard mit den featured artists NE-YO & Akon, zumindest der Zweite bereits Guetta-erprobt.

Vermerken muss man neben allem Jubel allerdings auch, dass es eben nur der eine Titel ist von sieben neuen, der offenbar überzeugen kann. Das sah vor einem Jahr noch wesentlich euphorischer aus. Könnte also sein, dass ganz ganz langsam der Zenit des Herrn Guetta überschritten wurde. Wie auch immer, der DJ ist auch in diesem Jahr einer der Sichtbarsten in den Hitparaden und für das laufende Jahrzehnt im Moment der erfolgreichste Act.

Warum setzt sich nun Play Hard so auffällig durch? Vermutlich, weil dieser Titel bei aller Wiedererkennbarkeit am meisten mit dem bricht, was vorher schon an Singles auf dem Markt war. Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass ich mir die anderen Titel der Neu-Edition nicht reingezogen habe. Irgendwie bin ich von der Aufguss-Nummer dann doch zu sehr gelangweilt. Aber so viel lässt sich sagen, die sehr prominente Signal-Hookline ist für eine Guetta-Produktion doch eher ungewöhnlich. Erinnert enorm an Happy Hardcore Tracks aus den 90ern, und an der einen oder anderen Stelle blitzt auch mal ein Sirenen-Sample auf, welches ohne weiteres ebenfalls aus diesem Jahrzehnt stammen könnte. Neu ist das alles also garantiert nicht. Vielleicht clever und zur rechten Zeit wieder neu zusammengesetzt.



Auch der Slogan „Work Hard – Play Hard“ ist bekannt. Nicht erst seit Wiz Khalifa vor wenigen Wochen einen seiner Tracks so betitelte. Auch vor 20 Jahren war das schon ein beliebter Slogan unter den ersten Dauerfeiernden. Scheint sich nicht viel verändert zu haben in der letzten Zeit. Anders formuliert würde das bedeuten, dass es weder neue Strategien der Alltagsbewältigung gibt, noch besonders andere gesellschaftliche Verhältnisse.

Einen Unterschied gibt es dann aber doch. Wenn ein ähnlicher Sound vor 20 Jahren noch mehr oder weniger ohne Mainstream-Erfolg existierte, ist er heute doch breit durchgesetzt. Und das macht vermutlich schon einen Unterschied. Play Hard reiht sich ein in eine ganze Reihe von Hits, die ganz ähnlich klingen. Also ist es vielleicht gar nicht so sehr die Verbeugung vor einer Bewegung, die angetreten war das Feiern zu revolutionieren. Dann ist es eben nur noch das Bedienen von Erwartungen. Das zumindest kann der DJ aus Frankreich offensichtlich gut.

PS: Der Herr Guetta und alle Mitlesenden mögen es mir verzeihen, dass ich mal wieder nur auf eine zutiefst unseriöse Quelle zurück greife, um zu dem Geschriebenen auch den entsprechenden akustischen Vergleich zu liefern. Aber wie fast immer hat der DJ keine Lust seine Sounds (nicht mal in schlechterer Qualität oder als Ausschnitt) zur Verfügung zu stellen. Er will halt nicht, dass man seine Musik hört ohne dafür bezahlt zu haben. Nun, im Grunde wär’s auch nicht schlimm, denn Sound hier nicht zu haben. Wie schon gesagt, das Ganze ist schon 100 x vorher in der Welt gewesen und nichts, was man unbedingt noch einmal hören muss. Schade ist nur, dass der geneigte Fan das im ganz legalen Fall erst mitbekommt, wenn er seine 99 Cent bereits gezahlt hat. Das nenne ich mal Liebe und Service für Freunde.

Freitag, 14. September 2012

David Guetta Feat. SIA: She Wolf ( Falling To Pieces )

Lasst uns doch mal wieder über David Guetta reden. Nachdem er vor ziemlich genau einem Jahr sein Album Nothing But The Beat veröffentlicht hatte, war kaum ein Vorbeikommen an ihm. Für einen Herbst lang war er der bestimmende Künstler auf dem kommerziellen Musikmarkt. Zeitweise tummelten sich acht Tracks gleichzeitig in der immer noch offiziellen Liste von media control. Und ein paar dieser Produktionen waren selbst in diesem Sommer noch immer so gefragt, dass sie unter den bestverkauften 100 Songs gelistet wurden. Am erfolgreichsten schnitt dabei Titanium mit Sängerin SIA ab.

Nach solch einer Überpräsenz ist es natürlich klar, dass sich auch eine Sättigung einstellt. So passierte es also im August, dass endlich niemand mehr von David Guetta sprach. Und ihn eigentlich auch nicht mehr hören wollte. Wohlgemerkt, erstmals seit Juni 2009 als der erste Vorbote zum Vorgängeralbum One Love erschien. So lange war mindestens jeweils ein Titel von dem DJ in den wöchentlichen Verkaufscharts platziert.

Für einen kommerziell orientierten Produzenten ist so eine Total-Abwesenheit wahrscheinlich ein Alarmsignal. Zumindest ist pünktlich zum abgeflauten Interesse an dem vorhandenen Material neuer Stoff am Start. She Wolf (Falling To Pieces) präsentiert erneut die australische Sia Furler und kündigt die Re-Edition des Nothing But The Beat-Albums in der Version 2.0 an. 2.0 heißt in diesem Fall: Ich kann mir das, was ich vor einem Jahr gekauft habe, jetzt noch einmal erwerben und dazu acht neue Tracks. Wofür dieser Marketing-Zug gut ist, hab ich noch nie richtig verstanden. Funktionieren wird es allemal, acht Tracks sind ja dann doch schon eine ganze Menge. Da würde es sich fast anbieten ein eigenes Album draus zu machen. Wirklich durchzurechnen wäre: lohnt es mehr acht Einzeltracks runterladen oder doch nochmal das komplette Bundle?

Da nun She Wolf (Falling To Pieces) sozusagen als direkte Ergänzung zum Album zu sehen ist und da die Konstellation Guetta/Furler schon erfolgserprobt ist, konnte man hier nicht wirklich Neues erwarten. Und das gibt es dann auch absolut nicht. Altbewährtes Prinzip: Strophe mit Piano-Untermalung, inbrünstiger Gesang und breiter Dance-Rave-Sound als Hookline. Kommt gut in der Großraumdisco oder ganz laut unter Kopfhörern. Die Bässe hauen ordentlich in den Bauch. Und wenn es dann an das viel geliebte Titanium erinnert, na das muss ja gar nicht schlecht sein. Da hat der Guetta also mehr Lautsträke und Basspower als Kreativität in seine neue Single investiert.



Die Reaktionen geben ihm trotzdem recht. Von Guetta-Müdigkeit ist nichts zu spüren. Der Song etabliert sich sofort ganz oben in allen möglichen Auswertungen. Und das ganz ohne Video oder anderweitige Big Promotion. Die Leute lieben es offensichtlich immer noch anständig weggepustet zu werden. Und das reicht dann auch schon.

Wenig innovativ, aber voll auf Linie. Zu beobachten bleibt, ob nach Erscheinen des Albums die große Nachfrage bestehen bleibt. Und wer sich am Ende tatsächlich das „neue“ Album zulegt. Zunächst bleibt David Guetta allerdings das Maß der Dinge auf dem Dancefloor.

Samstag, 8. September 2012

XAVAS: Schau nicht mehr zurück

Deutsche Musik ist derzeit ungemein erfolgreich. Etwa ein Drittel der deutschen Verkaufscharts von media control sind Produktionen aus Deutschland. Und derzeit bedienen sich etwa zwei Drittel der gelisteten Acts der deutschen Sprache. Am beliebtesten sind dabei HipHop und Rap-Produktion. So sind die zwei am häufigsten notierten Acts 2012 bisher Pop-Rapper CRO und Spaß-HipHop-Formation Deichkind. Die beiden werden gefolgt von Multikult-Band culcha candela, die ja auch nicht ganz so weit weg sind vom Sprechgesang. Erst dahinter rangiert Dancemusic von r.i.o..

Rap ist also angesagt. Und hier kommt das nächste Erfolgsprojekt: XAVAS sind – unschwer zu erkennen – Xavier Naidoo und Kool Savas. Schon bei der bloßen Ankündigung war mir klar, dass das ziemlich schlimm wird. Und nachdem der Titel nun offiziell veröffentlicht ist und sich in allen möglichen Listen ganz oben durchsetzte, fällt das Urteil kaum besser aus.

Es beginnt schwülstig mit Streichern, Klavier und Hammondorgel. Dann der Refrain:
“Und ich schau nicht mehr zurück
aber wenn ich zurückschau seh’ ich nur mein Glück.
Alles andre hab ich gerne zugeschüttet
und mit schönene Erinnerungen einfach überbrückt.
Glaub mir Bruder, ich schau nicht mehr zurück.”


Also an sich ist es ja ganz löblich, nicht permanent nur an der Vergangenheit zu kleben. Das Leben ist heute, nicht gestern. Aber schlechte Erinnerungen und Unliebsames einfach zu vergessen finde ich jetzt auch nicht unbedingt die Lösung. Wie war das zwischen 33 und 45? Das ist sicher keine schöne Zeit. Vergessen und mit guten Erinnerungen zuschütten (ach ja, damals haben Männer noch was erleben können im Krieg) ist da wohl eher fehl am Platze. Beides muss gehen: nach vorn schauen, das Jetzt genießen und trotzdem wissen, dass es auch mal totale Scheiß-Zeiten im Leben gab. Das macht es übrigens auch viel einfacher, die Schönheit und das Glück des Moments zu genießen. Was Herr Naidoo mit seiner Geschichtsglättung bezweckt – ich weiß es nicht.

Einsatz Kool Savas: der ist insgesamt doch ein wenig mehr reflektierter. Der weiß schon eher, dass es nicht immer nur rosa war. Allerdings gehört zu ihm auch immer dieses “Ich mach mein Ding”-Getue – ich der starke Killer, ich, der’s drauf hat. Das ist auch nervend, denn Stärke besteht ja vor allem darin auch mal zuzugeben, dass es jetzt eben nicht besonders cool war, was man da fabriziert hat. Fehler und Irrtümer zugeben zu können, das macht doch einen Typen erst richtig stark. Der unfehlbare Halbgott ist langweilig ohne Ende. Und außerdem umso lächerlicher, wenn’s dann wirklich mal etwas daneben war (und das kommt sehr oft vor). In solchen Momenten hilft dem Macho nur, seine Position mit Gewalt wieder einzufordern. Idiotisch!

Diese zwei Positionen befinden sich nun in einem Song. Das könnte ich jetzt enorm positiv auslegen: genialer Streich – die Zerrissenheit der Welt in einem Popsong eingepackt. Leider will mir das irgendwie nicht gelingen ... Allerdings find ich's auch schwierig zu behaupten, die beiden hätten das nicht bei der Produktion bemerkt, dass sie im Grunde von verschiedenen Dingen sprechen.



Wirklich gar keinen Sinn macht das Video: ein Mann, so ein Naturbursche, auf der Suche nach dem Bergsee. Hmm, was fang ich denn damit an? Der lonesome Cowboy, der allem trotzen muss, der es schafft aus eigener Kraft und mit seinem Willen alle Hindernisse und Widrigkeiten zu überwinden. Um dann die Wunder der Natur zu bestaunen? Naja, wenigstens fährt Xavier Naidoo ein schnelles Auto. (Find ich irgendwie auch lustig, dass der Soul-Gott neuerdings so auf Protz und BlingBling steht. – War das eigentlich schon immer so?)

Warum ist solch ein Titel so wahnsinnig erfolgreich? Ich nehme an, es ist die Einfachheit der Gedanken. Klingt ja erstmal total gut, wenn ich behaupte, alles Schlechte kann ich überwinden und vergessen. Dann kann ich auch vergessen, aus welchen tristen Verhältnissen ich komme, dass meine Familie und damit die mir anerzogenen Werte, eigentlich total spießig sind. Dann kann ich einfach so weitermachen wie bisher – und behaupten es wäre etwas anderes. Und ich muss niemals zugeben, dass auch ich mich erst entwickeln musste zu dem was ich bin. Ich war schon immer der kluge King.

Das klingt cool. Das gibt dem geplagten Menschen aus der Vorstadt und aus den abwegigsten Verhältnissen Selbstvertrauen und Stolz. Und das ist ja genau die Art, wie sich die deutsche Gesellschaft gerade aufführt. Intern enbenso wie international. Wir wissen's, wir haben's gepachtet das Glück und den Erfolg und die Stärke. Alle andern sind Looser.

Wahrscheinlich haben weder Xavier Naidoo noch Kool Savas diese Dimension im Kopf gehabt. Was sie wollen ist ja eher Musik für den Typen von der Straße. Dem will man Mut geben und Zuversicht. Der soll sich wiederfinden im Durchhalteparolenbrei. Das funktioniert auch recht gut. Platz 2 in der ersten Woche nach Veröffentlichung der Single. Für Xavier Naidoo nichts Besonderes, für Kool Savas immerhin die höchste Chartposition, die er jemals erreicht hat. Klar, dass er nichts mehr von gestern wissen will.




Freitag, 31. August 2012

Triggerfinger: I Follow Rivers

Lasst uns noch einmal diesen Song I Follow Rivers feiern. Auch wenn wir das schon einmal ausgiebig vor ein paar Wochen getan haben.

Warum? Nicht weil sich mittlerweile sogar eine No name Coverversion von Audiogroove in ordentlichen Stückzahlen absetzen kann. Sondern weil sich tatsächlich neben der Originalversion von Lykke Li auch die a capella Aufnahme der belgischen Band Triggerfinger ausdauernd in der Gunst der deutschen Musikkäufer hält.



Und ich frage mich immer wieder: warum finde ich diese wunderbar abgespeckte Variante so hypnotisch? Das ging mir ja neulich mit Wolke 7 schon genauso. Ist die perfekte Pop-Produktion so langweilig, dass sich Minimalismus lohnt? Bin ich nun nach ungefähr 20 Jahren doch zu einem Opfer der Unplugged-Werbekampagne geworden?

Ich sage mal: Nein, bin ich nicht. Denn von I Follow Rivers existieren im Netz Millionen von unplugged Cover Versionen von allen möglichen Menschen. Von denen ich mich frage, wer sagt denen eigentlich, dass sie ihre Gesangsversuche veröffentlichen sollen? Und was ist der Spaß dabei, mittelmäßig eingesungene Versionen anzuhören?

Für mich braucht es dann schon etwas Besonderes und Eigenes. Triggerfinger bringen das mit. Sonst eher rockig unterwegs, verzichten sie für I Follow Rivers auf ihre Gitarren, nehmen stattdessen ein Teeglas und eine Kaffeetasse und lassen die rauhe Stimme von Ruben Block für sich stehen. Das funktioniert. Und es funktioniert natürlich in der Radiostudio-Inszenierung.

Die unzähligen Karaoke-Liebhaber wären also gut beraten, sich noch ein paar Gedanken mehr zu machen über das Material welches sie da zum Besten geben. Einfach nur nachsingen reicht nicht.




Freitag, 24. August 2012

Taio Cruz: World In Our Hands

Was macht diesen Mann eigentlich so erfolgreich? Und hier meine ich erfolgreich im ganz schnöden kommerziellen Sinne. Seit zwei Jahren wird er in Deutschland vermarktet, neun Singles hat er in dieser Zeit veröffentlicht, acht davon gingen in die Top 10 der deutschen Verkaufscharts. Was genau macht alle so verrückt nach ihm?

OK, das ist ein ordentlich glatt gebügelter Typ. Mama wäre froh den als Schwiegersohn in ihrem Haus zu haben. Allerdings sind Schwiegermütter nicht unbedingt die Hauptkäufer von Musikprodukten. Eher sind’s die Töchter zwischen 12 und 18. Und die finden Taio Cruz ultimativ cool?

Als ich World In Our Hands zum allerersten Mal gehört habe, war ich sofort genervt. Eine öde Hymne mit “Oho-hoho-ho-ho”-Refrain. Bombastisch aufgeblasener Sound und Dance-Fanfaren als Signal. Laaaangweilig!
Als der Titel dann in einer 5 s-Variante permanent durch die Olympia-Berichterstattung des ZDF waberte, hat sich genau diese Hookline auch in meinem Kopf festgesetzt. Der Sound ist nicht besser – nein – aber er ist durch ständige Wiederholung in mein Hirn implantiert. Ich könnte das auch psychologische Kriegsführung nennen.



Und so wie mir geht es natürlich tausenden anderen Fernsehzuschauern auch. World In Our Hands mausert sich also zum Hit. Das ist nun nichts Besonderes. Wie schon erwähnt, Taio Cruz hat in den vergangenen zwei Jahren schon eine ganze Menge an Hits abgesetzt. Neu ist, dass World In Our Hands diesmal die gesamte Familie erreicht. Bisher waren die Reaktionen eher so: Taio wer? – Jetzt dürfte auch der letzte Familienvater wissen: Taio Cruz, das war doch der mit dem Olympiahit. Mittlerweile wird der Popstar ja sogar nach Usedom geflogen, um dort für den Familiensender ZDF aufzutreten. Nun kann man den Auftritt albern finden oder mäßig in Szene gesetzt. Künstlerisch nicht besonders wertvoll. Wenn dann die Kamera übers Publikum schwenkt, dann wird die ganze Tragik des Sängers klar. Komplette Familien von Kleinkind bis Oma stehen von ihren Sitzen auf und klatschen mit. Das ist jetzt wirklich nur noch zwei Stufen entfernt vom Auftritt im Einkaufspark oder zur Autohaus-Eröffnung.

Wahrscheinlich wollte Taio Cruz ja niemals die ältere Generation erschrecken. Oder irgendwie rebellieren. Seine Version von Freiheit besteht im endlosen Durchfeiern, eindeutig vorgeführt mit Hangover. Vielleicht lässt sich ja auch trotz drittklassiger Auftrittsmöglichkeiten ein Leben mit Champagner und schnellem Auto führen. Sehr wahrscheinlich braucht man genau dann auch die Flucht in’s völlig sinnfreie Vergnügen. Da wird Herr Cruz irgendwie mit sich selbst klar kommen müssen. Aber wer nicht viel will, der hat vermutlich auch keine Probleme, von anderen verramscht zu werden.

Und da sind wir bei einem Thema, welches bei Taio Cruz ziemlich auffällig ist. Die Art, wie er von seinem Label vermarktet wird. Im Dezember 2011 erschien im deutschsprachigen Raum sein Album TY.O. Ich würde sagen mit mäßigem Erfolg. Platz 28 in Deutschland, Platz 36 in Österreich, Platz 15 in der Schweiz. In den wichtigen Märkten Großbritannien und USA dagegen wird als Veröffentlichungstermin Dezmber 2012 genannt. Warum denn das? Deutschland als Testmarkt?

Abstrus auch, dass World In Our Hands nur in Deutschland als Single erschien. Wahrscheinlich auf Betreiben des ZDF. Das dann auch gleich mal die komplette Promotion übernimmt. Woanders als dort im Sender ist der Titel nämlich nicht zu finden. Ein Video gibt es zwar, aber erhältlich nur auf dubiosen Kanälen. Jedenfalls veröffentlichte UNIVERSAL nicht mal auf der Künstler-Homepage entsprechendes Material. Was probiert das Label hier eigentlich aus? Ob es auch ohne youtube und Konsorten Hits produzieren kann? – Vereinzelt: Ja. World In Our Hands ist der Beweis. Musikmanager und –promoter werden das Beispiel künftig fleißig hervor zerren, wenns drum geht Videoplattformen weitere Fesseln anzulegen. Ich fürchte allerdings, dass die breite Vielfalt von solchen Aktionen weniger profitiert. Wieviel Olympia-Songs lassen sich in Dauerrotation einsetzen? Und wird dann künftig jeder Hit nur noch mit einem Ereignis verbunden sein?

Für mich ist das eine ziemlich gruselige Version. Musik ist nichts anderes mehr, als ein Promotion-Tool. Ein paar Manager entscheiden, was ich gut zu finden habe. Und alle machen mit. Ich weiß natürlich nicht, wie ihr tickt. Mich nervt das ordentlich. Und deshalb ruf ich an dieser Stelle auf: Kids, lasst euch nicht verarschen! Und lasst euch nicht erzählen, wie es zu sein habt! Ihr habt selber einen Kopf und selber Ohren. Hört und kauft das, was euch wirklich gefällt! Meinetwegen auch Taio Cruz.







Freitag, 17. August 2012

Max Herre Feat. Philipp Poisel: Wolke 7

Irgendwie war ja Max Herre schon immer einer von den Guten. Und das war (und ist) auch anstrengend. So Menschen, die wissen was richtig und falsch sind. Und das dann auch noch permanent erzählen. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum sich Max Herre zwar einen ganz guten Namen verdient hat, auch ganz anständig Alben verkaufte, aber mit einem richtigen Pop-Hit klappte es nie.

Nun ist natürlich auch Deutschland ein Markt, auf dem intelligenter Pop oder Musik mit (womöglich sozialkritischem) Inhalt fast gar nicht funktioniert. Es sei denn, er ist christlich verbrämt wie bei Xavier Naidoo oder Adel Tawil.

Im Jahr 2012 nun scheint irgendetwas anders zu sein. Max Herre kündigt ein neues Album an, betitelt Hallo Welt!, und wie im Business üblich gibt’s kurz vorher eine Single-Auskopplung, in diesem Fall Wolke 7. Und diese Single entwickelt sich tatsächlich zum Hit. Was läuft da eigentlich falsch?

Nun ja, da gab es ein Jahr 2011, in welchem eine ganze Schar von jungen Singer Songwritern aus Deutschland wie aus dem Nichts erschienen und eine Menge Menschen für ihren Sound begeistern konnten: Tim Bendzko, Andreas Bourani, Mark Forster … und eben auch Philipp Poisel. Gemeinsam ist diesen Sängern, dass sie auf das große Trallala lieber verzichten, sich als poetisch-einfühlsam inszenieren und in ihren Geschichten über das Gefühlsleben ihrer Generation singen. Und eigentlich nur über das. Damit kann eigentlich jede etwas anfangen. Das ist irgendwie komplex, aber nicht zu sehr wie all der andere Quatsch um uns rum. Und das kommt auch nie in den Verdacht zu politisch oder gesellschaftspolitisch zu sein, denn das ist ja eher uncool. Also beschäftigt sich diese Generation (wie eine ganze Menge Generationen zuvor auch schon) mit sich selbst. Das ist in Ordnung.

Im Fall von Max Herre bedeutet das allerdings auch, dass er so ein klein wenig auf das verzichtet, was irgendwie auch sein Markenzeichen ist. Zumindest in diesem einen Song. Da geht es wirklich nur noch darum, dass alles zu viel ist, da geht es auch um Zweifel und Versagensängste. Und es gibt keine wirklichen Antworten. “Ich schließe die Augen” – das ist das Credo. Für einen Mann, der kurz vor seinem Vierzigsten steht, klingt das fast schon ein bisschen nach Midlife Crisis. Damit’s aber nicht zu sehr zu einem Middle of Age-Drama wird, hat sich Max Herre ganz schlau Philipp Poisel zur Seite genommen. Und schon ist klar: diese Probleme und Ängste, die haben wahrscheinlich alle Menschen, egal wie alt.



Das Ganze ist in einen lauschigen Popsong gepackt. Der dudelt ganz schön auch im Hintergrund umher. Da kann ich mitsummen und muss gar nicht so sehr auf den fragenden Text hören. Auch in deutsch lässt sich gut der Verstehen-Modus ausschalten. Ob ich diese Eigenschaft als Qualität beschreiben möchte – immerhin erreicht Max Herre so ja eine Menge Leute, die ihn nie und nimmer freiwillig angehört hätten – das weiß ich noch nicht genau. Irgendwie treibt mich der Argwohn, dass man mit Beiläufigkeit niemals ernsthaft Fragen stellen kann. Aber das wird die Zeit zeigen.

Warum ich Wolke 7 dann tatsächlich beeindruckend finde, liegt an einer Coverversion, die seit ein paar Tagen ihr Unwesen im Internet treibt. Joel Brandenstein und Umut Anil haben den Song von allem Schmus befreit. Ein einfaches Klavier begleitet die beiden und plötzlich höre ich auf, nebenbei abzuwaschen, Auto zu putzen, in Zeitschriften zu blättern. Ein Titel, der solch eine Intensität entwickeln kann, kann gar nicht verkehrt sein.






Freitag, 10. August 2012

r.i.o. FEAT: U-JEAN: Summer Jam

Nein, ich verstehe immer noch nicht, warum r.i.o. so erfolgreich sind. Und ich weiß auch immer noch nicht, was das Duo Peifer/Reuter an diesem Typen namens U-JEAN findet. Wahrscheinlich hat das alles miteinander zu tun.

Was dieses Gespann ausmacht ist ein unglaublich konservativer, ich würd schon fast sagen spießiger Blick auf unsere Gesellschaft. Die Frauen in dem Video scheinen nur aus Hintern und Brüsten zu bestehen. Sie wackeln und schwenken mit diesen wie in einem sehr billigen und öden Soft-Porno. Oder eigentlich nicht mal das. Das Ganze könnte die Nachtschleife von so einem Sender wie eurosport sein. Erotisch jedenfalls ist anders. Die ziemlich einfallslosen Bewegungen sind dabei gar nicht mal das Schlimme, sondern dass diese Frauen um einen Typen herumspringen und diesen offensichtlich sexuell beglücken wollen. Dabei ist Rapper U-JEAN alles andere als ein Sexsymbol. Das ist ein völlig durchschnittlicher und langweiliger Typ, so wie er zu Tausenden an jeder Ecke rumsteht und sich nicht traut, die Angebetete anzusprechen. Denn obendrein ist U-JEAN ja auch noch ein richtiges Milchreisbübchen. Der hat noch nicht so viel in seinem Leben erlebt. Weil er nichts mit seinem Leben anzufangen weiß und auch sonst keine Ideen hat, wird er erstmal Marine. Kommt nach Deutschland (da soll's ja richtig abgehen ...) und quittiert dann auch ganz schnell den Dienst um sich im Dance-Business rumzutreiben. Als Front-Rapper scheint's irgendwie zu funktionieren. Allerdings bleibt's auch da eher halbgewalkt. Niemandem weh tun, nichts wirklich meinen … eigentlich will er doch nur spielen.

Und am liebsten spielt er den Kuschelbären. Das Video bebildert also sehr schön seine Fantasie. Eine ziemlich schlimme und traurige. Denn Mr. U-JEAN ist wahrhaftig der einzige Mann, der sich hier zeigt. Er und sein Harem also. Er, der superpotente Hengst. Allerdings ordentlich verschämt. Denn wenn es ihm um Sexualität ginge, dann würde er mit seinem Geschlechtsteil mindestens genauso freizügig herumschlackern wie die Frauen in seinem Video. Coole Acts wie LMFAO tun das und sind sich keineswegs zu schade, als Volltrottel rumzuspringen. Und damit entgehen sie dem Vorwurf des Sexismus, denn sie degradieren Frauen nicht zu Lustobjekten ohne eigenen Willen.



Aber das was U-JEAN da tut, ist natürlich enorm einfach. Muss man nicht nachdenken, macht man einfach so wie es schon immer war. Hat ja hunderte Jahre gestimmt: Frauen sind keine vollwertigen Menschen. Sie sind da, um dem Mann zu dienen und zu erfreuen. – 19. Jahrhundert. Mindestens. Gähn!

Zu dieser Einfallslosigkeit im Video passt hervorragend die Musik. Das, was da passiert, macht sich nämlich auch keinen einzigen Moment Gedanken, wie es mit aktueller Dance-Musik weiter gehen könnte. Es kopiert einfach Bestehendes und nudelt es zu Tode. Deswegen gibt es auch gar nicht so viele Unterschiede zu r.i.o.’s großem Hit aus dem letzten Herbst Turn This Club Around. Aber letztendlich haben das r.i.o./cascada noch nie anders gemacht. Lohnt sich also nicht, hier noch einen weiteren Versuch des Zerpflückens zu unternehmen.


Zu sagen wäre vielleicht noch, dass Summer Jam natürlich jedem und jeder bekannt ist. Das Original von The Underdog Project entwickelte sich im Jahr 2000 zu einem ganz veritablen Hit in Deutschland. Und drei Jahre später konnte es in einer Remix-Version sogar europaweit nochmal punkten. Genau genommen waren die Geschlechterklischees auch damals schon die selben und genauso schlimm. Frauen stehen da und wackeln mit ihren Brüsten, Männer sind coole Machos mit großen Autos und Surfbrett – langweilig! Aber wenigstens hatte die musikalische Produktion einen gewissen Schmiss. Da wurde ordentlich 2Step und 80er-Jahre Scratching miteinander verwoben, das war auf eine Art schon originell. Oder zumindest nicht ganz gewöhnlich.

Das Video allerdings ist unerträglich in noch einer Hinsicht. Es zelebriert den unsäglichsten Miami Vice-Stil, der aussieht als würde der Titel aus dem Jahr 1991 stammen … Das war auch im Jahr 2000 schon bescheuert.



Also: die Melodie gehört vermutlich in die Rubrik “Moderne Klassiker” – mit dem Erfolg der neuen Version sowieso. Der Text ist glücklicherweise meist nicht vollständig zu verstehen. Und das Video … vergesst es einfach. Da schenke ich euch lieber einen Remix ohne jede Visuals.