Freitag, 8. Juni 2012

LOREEN: Euphoria

Genau genommen war es ja einer der langweiligsten Eurovision Abstimmungen aller Zeiten. Ein bisschen hing das wohl auch mit den insgesamt eher durchschnittlichen Beiträgen zusammen. Schon nach der dritten Landeswertung aus Rumänien stand der schwedische Beitrag an der Spitze des Rankings und dann gab es eigentlich kein Halten mehr. 18 mal wurde die Höchstpunktzahl an Loreen und ihren Song Euphoria vergeben, so oft war das laut wikipedia noch keinem Titel zuvor gelungen.

Und genauso vorhersehbar ist nun der kommerzielle Erfolg des Titels. In Skandinavien steht er sowieso auf der Nummer 1. Irland, die Schweiz, Belgien, Österreich und Deutschland notieren ihn ebenda. In den Niederlanden und Britannien reicht es immerhin für Platz 2 bzw. 3 und sogar Australien meldet einen Platz 36.

Und wenn wir schon mal bei den Zahlenspielereien sind: Mit dem Sturm an die Spitze der Verkaufsauswertung in Deutschland ist Euphoria tatsächlich der erste nicht-deutsche Siegertitel seit 1974, dem es gelingt auch als Single kommerziell die Spitze zu erklimmen. Damals vor 38 Jahren war es ebenfalls ein schwedischer Act, nämlich ABBA, die mit Waterloo ihre internationale Karriere beim noch Grand Prix genannten Festival begannen. Überhaupt ist Euphoria erst der dritte Siegertitel, der es in Deutschland bis an die Spitze der Verkaufscharts schafft. Vor ABBA war es lediglich Sandy Shaw, der 1967 mit Puppet On A String beides gelang: Den Contest gewinnen und die Spitze der Charts erklimmen. Natürlich gab es zwischendurch zwei Siege von deutschen Beiträgen, die dies ebenfalls vollbrachten: 1982 Nicole mit Ein bisschen Frieden und vor zwei Jahren Lena mit Satellite.

Was erzählt uns dieser ganze Statistik-Kram? Dass das Eurovisions-Festival nach einer langen Phase der Belanglosigkeit ab den späten 80ern und des Nischendaseins als Trash-Event in den 90ern nun endgültig wieder ein Mainstream-Event geworden ist. Und nicht nur ein von den Fernsehanstalten behauptetes, sondern ein wirkliches. Das Ganze natürlich mit erheblichem Aufwand. Von neu gebauten Kristall-Hallen nicht mal zu reden. Live-Übertragungen und groß inszenierte Public Viewing Parties gehören mittlerweile zum heftigst inszenierten Spektakel dazu. Ob all das mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag zu vereinbaren ist … nun ja, das darf sicher gefragt werden. Allemal besser als die unzähligen Volksmusikspektakel ist die Eurovision ganz sicher.

Dass Euphoria gewinnen würde, galt im Vorfeld beinahe schon als ausgemacht. Zumindest gab es eine Menge Wetten auf diesen Song. Dabei war die Eurobeat-Stampf-Konkurrenz recht groß. Wieviele Beiträge den Sound genau bemühten, hab ich nicht gezählt. In der Masse war das aber ganz schön anstrengend. So ähnlich wie es die aktuellen Verkaufscharts ja auch sind. Was hat nun aber Euphoria von den anderen Nummern gleicher Machart unterschieden? Da ist dieses doch eher ruhige, bedächtige Intro. Der Song baut sich eher langsam auf, bevor der Beat explodiert. Da ist die Stakkato-Unterbrechung im Refrain, die den harten Beat auch stimmlich übernimmt. dazu die doch eher düstere Inszenierung auf der Bühne. Für eine Dance-Produktion ist das schon beinahe ausgefallen und originell. Es lohnt sich offensichtlich doch, nicht nur auf den durchgängigen Beat und ein bisschen Vocoder-Geschreie zu setzen.



Nun ist also Schweden zurück auf dem Pop-Atlas. Auch offiziell. Mit Urkunde und Trophäe. Hinter den Kulissen mischen die Produzenten aus dem skandinavischen Land allerdings schon seit einem guten Jahrzehnt beständig mit. Ob es nun Eric Prydz war oder Steve Angello oder die Swedish House Mafia. Selbst RedOne hat einen Link zur schwedischen Produktionselite. Es lässt sich natürlich wie immer auch gut fragen, ob das was da entsteht alles so qualitätsvoll ist. Erfolgreich ist es in jedem Fall. Trotzdem freue ich mich, dass es zwischen all dem berechnend Produziertem auch solche Projekte und Netzwerke gibt wie CALIGOLA oder auch Lykki Li. Die versuchen wenigstens hin und wieder mal etwas anderes. Oder klingen trotz aller Wiedererkennbarkeit zumindest nach etwas Eigenem. Und können sich damit auch über längere Zeit im Business behaupten. Von Eurovisions-Star Loreen werden wir das vermutlich nicht behaupten können.




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