Samstag, 13. Oktober 2012

PSY 싸이: Gangnam Style 강남스타일

Klar muss auch dieses Ding hier durch den Reißwolf. Aber das ist gar nicht einfach, denn eigentlich ist in den letzten Monaten tatsächlich schon alles geschrieben worden. Was bleibt zu sagen?

Vielleicht, dass Korea auch in Westeuropa als Land der Kulturproduktion wahrgenommen werden könnte. Immerhin ist PSY nach dem Pianisten YIRUMA nun schon der zweite Musiker ist, der es innerhalb eines Jahres zu einer breiten Wahrnehmung hierzulande schafft. Und vorher? Da war mal im Jahr 1988 ein Projekt namens KOREANA, das es anlässlich der Olympischen Sommerspiele und einem Auftritt bei der Eröffnungsveranstaltung mit Hand In Hand zu einem internationalen Nummer 1-Hit brachte. Aber das war’s auch schon. Zu fremd und zu wenig westeuropäisch-nordamerikanisch durchproduziert das Ganze. Aber das ist längst Geschichte. Gangnam Style ist im Prinzip nichts Anderes als die Fortsetzung von LMFAO. Es ist genauso bunt, genauso laut und schrill und genauso ironisch wie Sexy And I Know It oder Party Rock Anthem.




Bezeichnend ist, dass Gangnam Style an Popularität sämtliche LMFAO-Produktionen zumindest hierzulande bei Weitem übertrifft. Wahrscheinlich ist PSY dann doch noch eine Winzigkeit konsequenter. Oder eben auch zu einem Zeitpunkt gekommen, an dem vom Prinzip alle mit der Mischung aus Brutaltanzsound und ironischer Brechung etwas anfangen können. Angesichts der Auflösung/Trennung von LMFAO wage ich auch zu fragen, ob der Erfolg von Gangnam Style nicht auch den absoluten Zenit dieser Richtung darstellt. Sicher wird es noch eine ganze Menge an ähnlichen Produktionen geben, sicher auch mit Erfolg, aber das Genre ist damit vermutlich durch.

Ob koreanische Produktionen mit dem Über-Erfolg von Gangnam Style weltweit weiter an Bedeutung gewinnen werden, finde ich weniger klar. Kann sehr gut sein, oder genauer: Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass PSY hierzulande als Eintagsfliege durchgeht. Riesenpopularität mit diesem einen Hit und danach Nichts mehr. Was das mit anderen Kulturgütern aus Korea anstellt, wird sich zeigen. Im asiatischen Raum ist K-Pop (가요) und K-Film eine ganz feste Größe. Anfang des Jahrtausends wurde in China eine sogenannte Koreanische Welle (한류) diagnostiziert, die mehr und mehr auch auf Japan, Vietnam, die Philippinen und sogar den Iran übergriff. Nordamerika war der nächste Kontinent, der erobert wurde. Zwar fristen koreanische Produktionen nach wie vor eher ein Nischendasein, aber zumindest im Filmgeschäft tauchen doch mehr und mehr koreanische Schauspieler in prominenten Rollen auf. An dieser Stelle nenne ich nur mal Yunjin Kim (김윤진) und Daniel Dae Kim (김대현), die als Hauptcast der Serie LOST sehr präsent waren. Und auch hierzulande lohnt sich ein Gang in die wohlgeordnete Videothek. Sollte Korea nicht sogar ein eigenes Regal haben, koreanische Filme finden sich mit Sicherheit en masse in den Regalen.

Gangnam Style ist also die Spitze der koreanischen Welle, die nun bis nach Mitteleuropa schwappt. Und was hinzu kommt, die Geschwindigkeit mit der dieser Hit uns hier erreicht hat neue Dimensionen. Im Juli wurde er erst in Korea veröffentlicht, im August war er bereits in den USA angekommen und landete im September in Europa um sogar in Deutschland noch vor Veröffentlichung auf CD die Nummer 1 der offiziellen Verkaufscharts zu werden. Was für einen nur digital erschienenen Titel in Deutschland immer noch eine ordentliche Leistung ist. Beschleuniger in diesem Fall natürlich mal wieder die Möglichkeiten des Internet. Das äußerst debile Video fand nämlich nicht nur Gefallen sondern besonders in Nordamerika eine ganze Reihe von Nachahmern. Klar waren es auch solche Show-Größen wie Katy Perry oder Britney Spears, die im Mainstream TV nochmal Aufmerksamkeit auf den Tanz lenkten. Aber zuvor hatten es bereits zahllose Fans (und Hasser) zu einem Muss innerhalb der Videoportale gemacht. Zwei meiner Favoriten könnt ihr hier anschauen:



Das macht natürlich unglaublich Spaß – egal ob Parodie oder simple Nachahmung. Und ich behaupte mal, jedes weitere Video, dass da erschien hat dazu geführt, auch dem Original ein paar Zuschauer mehr zuzuspielen. Konsequenterweise hat PSY dann auch schon recht bald das strenge Copyright frei gegeben – jede Parodie, jede Coverversion ist also legal. Offensichtlich versteht man in Korea eine Menge von moderner und aktueller Popkultur. Denn wie sonst, wenn nicht durch Kopie soll sich ein Titel so rasant verbreiten?

Nun leben wir in Deutschland in einem Land mit einer anderen Kulturtradition. Und hier wird bekanntermaßen sehr sehr viel Wert auf das traditionelle Urheberrecht gelegt. Welches besagt, dass nur der Künstler/die Künstlerin selbst entscheiden darf, was wie mit ihrem/seinem Werk geschieht. Man darf eben nicht einfach Gangnam Style nachdrehen, sondern muss vorher zumindest fragen. Und da in der ziemlich unübersichtlichen Massenkultur der Kontakt zu den Produzierenden recht schwer ist, verwalten immer mehr Institutionen und Verlage/Labels solche Urheberrechte. Und da geht es nicht immer darum, was das Beste für ein Stück Musik ist, sondern es geht eher um Macht (und irgendwie auch um Geld, wobei ich hier mal behaupte, dass die momentanen Aktionen den Labels nicht ein Mehr an Geld bringen, sondern eher verhindern, dass noch mehr Menschen auf ihre Produkte aufmerksam werden.) In Deutschland geschieht das auf ziemlich rabiate Art. Die GEMA sorgt zum Beispiel gerade dafür, dass möglichst viele Gangnam-Videos auf der Plattform youtube gesperrt werden. Das entspricht überhaupt nicht dem Willen des Künstlers selber, aber irgendein Label wird es gut finden. Zeigt sich einmal mehr, dass die entscheidenden Menschen hierzulande nichts mit populärer Kultur anzufangen wissen. Nicht mal in ihrem eigenen Interesse. Ich würde sagen, dass es so wenige deutsche Parodien gibt, liegt auch an der fast schon durchgesetzten Erziehung: Kopieren ist böse!

Bleibt letztendlich nur noch festzustellen: einen solchen Welt-Hit wie Gangnam Style wird es aus Deutschland wohl in nächster Zukunft nicht geben. (Am Beispiel von Lenas Satellite haben wir das ja vor Kurzem erst ganz gut durchexerziert – möglichst stark beschränkter Zugang hat eben auch dafür gesprgt, dassdieser tolle Song außerhalb Deutschlands nur mäßig einschlug.)





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