Freitag, 31. Mai 2013

Daft Punk (Featuring Pharrell Williams): Get Lucky



Endlich nun sind Daft Punk also auch in Deutschland Nummer 1 mit ihrer Single Get Lucky. Das hat erstaunlicherweise dann doch ein paar Wochen gedauert. Überall auf der Welt, da schoss der Titel sofort nach Veröffentlichung an die Spitze aller möglichen Auswertungen. Nur in Deutschland, da wurde mit Platz 6 der offiziellen Verkaufscharts ein vergleichsweise schwacher Platz gemeldet. Zwar auch das eine Position, die die beiden Herren zuvor noch nie erreicht hatten, aber eben: im Vergleich zur weltweiten Nr.1 etwas überraschend.

Dieses zunächst etwas verhaltene Abschneiden hat seine Gründe in der etwas ungewöhnlichen Abrechenpraxis, mit der die Firma media control ihre Charts zusammenstellt. Da werden nämlich nicht verkaufte Einheiten (also Downloads oder CDs in Stückzahlen) gezählt, sondern der Umsatz, den einzelne Titel innerhalb einer Woche machen. So zählt also der Verkauf einer CD-Single mit einem Preis von 4 EUR im Vergleich zum Verkauf einer mp3-Datei für 1 EUR viermal mehr. Und da Get Lucky nach wie vor nur als Digitaltrack zu haben ist, nützen also auch alle Nr.1-Positionen in den iTunes-Charts nichts, die Beatrice Eglis und Xavier Naidoos hatten durch CD-Veröffentlichungen immer bessere Karten. Kann sich jetzt jede und jeder selber Gedanken machen, wie sinnvoll und adäquat diese Art der Abrechnung ist. Media control zumindest ist ziemlich stolz darauf, als einziges Land der Welt dieses System zu haben.

Mit dem 17. Mai waren dann aber alle Vorteile und Ungleichgewichtungen hinfällig. Denn an diesem Datum erschien das vierte Album des Duos Random Access Memory. Und die Aufregung, der Hype waren bereits im Vorfeld so enorm, dass nichts die Musikkaufenden in Deutschland stoppen konnte: Random Access Memory landete in der ersten Woche auf Platz 1 der Albumcharts. Sogar noch vor der aktuellen Schlager-Superstar-Gewinnerin Beatrice Egli. Und weil so eine Albumveröffentlichung immer auch einen Schub für die Singles bedeutet (obwohl mir dieser Effekt noch nicht so ganz verständlich ist), setzt sich nun also auch Get Lucky an die Spitze der Charts.

Soviel zur Verkaufsstatistik. Warum aber ist Get Lucky (und das Album Random Access Memory) so enorm erfolgreich? OK – Daft Punk haben schon eine ganze Weile nichts mehr veröffentlicht. Lässt man mal den Soundtrack zu Tron: Legacy aus dem Jahr 2010 außer Acht, so stammt das letzte Album Human After All aus dem Jahr 2005. Aber da gibt es natürlich auch andere Bands und Projekte, die Ewigkeiten nichts veröffentlichen und trotzdem sind dann nicht alle aus dem Häuschen. Nun genießen Daft Punk und Thomas Bangaltar durchaus den Ruf, zu den Wegbereitern des French Filter House in den 90ern zu gehören. Mit Around The World, One More Time und Harder, Better, Faster, Stronger können sie sogar auf Hits stolz sein, die auch Jahre nach ihrer Veröffentlichung noch ausreichend infektiös daher kommen. Aber sind es wirklich die alten Ruhmeslorbeeren, die Menschen im Jahr 2013 in die Läden und an die Downloadportale treiben?

In gewisser Weise wahrscheinlich schon, denn Get Lucky kommt mit einem ordentlichen Verweis auf 70er Jahre Souldisco daher. Das ist cool retro, für die aktuellen Musikkonsumenten neuartig und immer noch groovy. Dieser Effekt ist derzeit bei einigen anderen Produktionen ganz genauso zu beobachten. Justin Timberlake bediente sich mit seiner Comeback-Single Suit & Tie aus dem Januar genauso an Funk-Rhythmen wie sich auch die neue Single von Robin Thicke Blurred Lines ordentlich an klassischen Elementen orientiert. Funk-Disco ist einer der Eckpunkte aktueller Musik. Das ist nicht die schlechteste Referenz.

Trotzdem darf man natürlich fragen, warum es ausgerechnet diese komischen 70er (im Grunde gehts ja sogar noch ein wenig weiter zurück und schlägt den Bogen bis zu den Mad Men-60ern), warum also diese Rückbesinnung auf eine Zeit, die 50 Jahre her ist? Zum einen hat das sicher etwas damit zu tun, dass junge Menschen heute diese Zeit nicht selbst miterlebt haben. Das was sie hier erleben sind Medienerzählungen und Erinnerungen, völlig frei von den Bedeutungen der Originalzeit. Lana del Rey kann genau deshalb all diese alten Aufnahmen und Sounds für sich entdecken und zu einem romantisch-melancholischen Brei verarbeiten. Niemand wird ihr sagen, das Kleid das du da trägst war schon damals piefig. Und es spielt auch keine Rolle mehr ob es das war oder nicht. Es ist einfach nur ein Stück Stoff, welches heute als cool hergezeigt werden kann.

Und so agieren auch Daft Punk im postmodernen Umdeutungsrausch. Allerdings würde ich den beiden Männern unterstellen, dass sie die von ihnen genutzten Referenzen sehr bewusst ausgewählt haben. Man bittet nicht zufällig einen Nile Rodgers oder Giorgio Moroder um Zusammenarbeit. Zwei Recken der Disco-Ära, die sich damals vor 40 Jahren enorm daran abgearbeitet haben, den Funk auf eine neue Stufe zu heben. Jetzt also werden diese Oldies wieder ausgegraben und im Falle von Daft Punk mit aktuelleren Effekten aufgemotzt. Heraus kommt eine Melange, die noch keinen neuen Stil entwickelt, aber immerhin doch die bisherigen Rezepte ein klein wenig weitertreibt.



Dass an dieser Baustelle weiter gebastelt werden muss, ist nach Durchhören des Albums klar. Nach den ersten Tracks kommt dann nämlich doch fast schon Langeweile auf – alles sehr hübsch, aber ohne Überraschung. Ab Track 7 Touch passiert dann doch noch einiges und so richtig grandios wird es bei Doin’ It Right, der Zusammenarbeit mit Panda Bear.



Seien wir also gespannt was passiert, wenn sich jetzt andere mit dem auseinandersetzen, was Daft Punk hier abgeliefert haben.





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