Freitag, 7. Juli 2017

French Montana Featuring Swae Lee: Unforgettable



Es gibt Riesenungerechtigkeiten auf dieser Welt und vor allem zwischen den Kontinenten. Das ist ein Allgemeinplatz, der nicht nur während eines G20-Gipfels präsent ist. Trotzdem wird dieser Fakt in der westlichen Welt ganz gern ignoriert. Es lässt sich einfacher über das eigene kleine Unwohlsein jammern als zu bemerken: Wir leben in purem Luxus.

Ein paar Künstler und Künstlerinnen haben trotz aller Lust auf ein schönes Leben, Unterhaltung und Ablenkung nicht vergessen, dass es eben nicht überall nur lustig ist. Häufig haben diese Menschen das richtige Scheiß-Leben selbst mitgemacht. French Montana zum Beispiel. Seine Biographie liest sich vor allem in den Kinder- und Jugendjahren reichlich katastrophal. Kaputte Träume, minimale Chancen, Gewalt in seinem Umfeld ... gute Voraussetzungen für eine kriminelle Laufbahn. Die er aber nicht einschlug.

Dazu gehört eine Menge Rückgrat, zumal gerade im Rap und HipHop-Business neben ausgestelltem Blingbling gern auch eine gehörige Portion Gangstertum zum guten Ton gehört: Wer kein Rüpel ist, ist kein guter Rapper.

Ohne sich zum Engel hochzuschwingen macht French Montana also sein Ding. Gründet sein eigenes Label, arbeitet mit allen möglichen Größen des HipHop zusammen und erlangt nach und nach Erfolg und Bekanntheit. Mit 32 schaut er zurück, erinnert sich an den Mist, den er und seine Familie erlebt haben und nimmt Unforgettable auf.

Ja, der Song dient einem guten Zweck. 100.000 $ wurden an das Ugandas Mamas Hope gespendet. Und trotzdem ist er kein weinerlich-pathetisches Ding, sondern ein cooler Hit mit einem positiven Video. Wir sehen zwar den Dreck und die Armut in Kampala, aber vor allem sehen wir die Kids, die Spaß an der Musik haben und auch ohne Goldketten und dicke Autos ganz gut aussehen. Und trotzdem gelingt es dem Video, nicht zum Sozialkitsch zu werden. Die gute Laune ist zwar echt, der Blick in den Gewehrlauf aber nur drei Sekunden entfernt.



Die ungefilterte Realität lässt den ganzen inszenierten Gangsterkram, der gerade besonders beliebt bei deutschen Rappern ist, ordentlich albern aussehen. Das Leben hier ist mal krass, nicht euer scheiß Drogendealerleben. Einer der wenigen, der das begriffen hat, ist vielleicht Marteria. Nicht umsonst ist der nicht nur aktuell in Südafrika unterwegs sondern war schon vor vier Jahren auf Musikersuche in Uganda.

Wahrscheinlich ist es genau dieser Gegensatz zum testosterongetränkten deutschen HipHop, der mir an Unforgettable so gut gefällt. Und einigen anderen offenbar auch. Die Beats sind nicht fitnessstudioaufgepumpt, sondern liegen einfach auf der Tonspur, treiben uns voran ohne Bombastdonner und machen Spaß. Ich muss mich auf der Tanzfläche nicht als der ultracoole Macker beweisen, ich kann einfach mitmachen, auch mal einen Schritt daneben machen und trotzdem gehöre ich zur Crowd.

Ähnlich die Lyrics, die von Begehren und Lust erzählen, auf das ständige Bitch-Gesülz aber verzichten. Eine Angebetete kriege ich eben eher mit Komplimenten an meine Seite als mit dummen Sprüchen. Und ich schätze, dass der Sex zu Unforgettable 1000x befriedigender ist als zu einem Karnickel-Rammelbeat. Sorry, auch wenn ich NIMO oder Mert vielleicht sogar lustig finde, mit wirklichem Leben hat deren Inszenierung nichts zu tun. Nach einem ganzen Tag im virtuellen Raum hab ich zu Hause dann eher keinen Bock mehr auf noch mehr Breitleinwandfantasien.

Ich find, ein bisschen mehr Entspanntheit in der Art von Unforgettable täte unserer Welt tatsächlich gut. One Dance ist ja mittlerweile auch schon mehr als ein Jahr her.



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