Freitag, 2. Juni 2017

Helene Fischer: Herzbeben

Nun hat sie also ihren zweiten Top 10 Hit. Es scheint so, als würde sich die Popularität der Helene Fischer nun endlich auch in Hits ausdrücken. Denn fürwahr – ihre Songs sind so weit verbreitet, auf keinem Anlass darf ein Song von ihr fehlen und mitsingen können fast immer alle. Nicht nur bei Atemlos durch die Nacht.

Jetzt also Herzbeben.

Das Phänomen an Helene Fischer ist, dass sie die Massen begeistert, gleichzeitig aber auch unglaublich viele Menschen zu Abscheu verleitet. Nicht einfach nur: "Langweilig, interessiert mich nicht." Sondern: "Hilfe! Unmöglich! Grässlich!"
Und dabei schaukeln sich beide Seiten hoch. Auch nur ein kleinstes Detail zu kritiseren wird sofort und gnadenlos mit Beschimpfungen geahndet. Umgekehrt, irgendetwas Gutes zu diagnostizieren, zeitigt die totale Verachtung. Ein Dazwischen ist nicht möglich.
Das erinnert ganz schön an andere Diskurse der letzten Woche.

Helene Fischer – oder besser: die Reaktionen zu Helene Fischer spiegeln also recht deutlich, wie es hierzulande gerade so zugeht. Da will eine eigentlich nur Spaß haben, Party machen – und prompt wird sie von 2.000 Fußball-Fans beim Pokal-Finale ausgebuht. Wobei ihre etwas seichte Weltsicht vielleicht nur die halbe Ursache für das laute Pfeifkonzert ist. Wenn man nämlich die kursierenden Posts richtig deutet, dann war es unter anderem auch die überbordende Kommerzialisierung des Pausen-Acts. Sprich: Innerhalb von wenigen Tagen ist Helene Fischer omnipräsent im deutschen Fernsehen: Germany's Next Top Model, DFB-Finale, Let's Dance … und es ist kein Geheimnis, dass jeder Ihrer Auftritte ordentlich bezahlt wird. Geld, das man auch für sinnvolle Dinge ausgeben könnte.

Der Unmut über Helen Fischer stammt also zu einem Teil aus dem üblichen Neid, den erfolgreiche deutsche Popstars immer wieder erfahren, zum anderen aber auch aus einer irgendwie auch deutschen Eigenschaft: Das, was einmal Erfolg hat gnadenlos zu vermarkten. In Sachen Helene Fischer sieht das dann zum Beispiel so aus, dass man von ihrem neuen Album nicht einen einzigen Track irgendwo als kostenloses Angebot findet. Maximal 15 s – aus war's. Da wo andere Stars sagen: Ich hab schon genug Geld verdient, ich schenk euch meine Musik – und wenn ihr sie trotzdem hübsch verpackt wollt, dann kauft euch die CD mit allerlei Extras. – An dieser Stelle geht Helene Fischer bzw. ihre Plattenfirma den Weg: Lasst uns einfach noch jeden möglichen Cent aus den Fans herauspressen. Wer weiß, wann die Nachfrage nachlässt.

Das ist etwas, das mich schon auch ein bisschen abstößt. Nicht, dass ich die frei verfügbaren Schnipsel von ihr vermissen würde. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich auch das neue Album nicht besonders mögen werde – also kann ich da auch verzichten. Mich nervt vor allem diese reichlich strikte Haltung in der Art: Bloß nichts abgeben! Das ist ein bisschen wie mit den besonders gut verdienenden Managern, die sich mit Millionen-Verdiensten immer noch ziemlich unterbezahlt fühlen und keine Minute daran denken, dass nur eine winzigster Bruchteil ihres Geldes auch für Dinge eingesetzt werden könnte, die weitaus mehr Menschen etwas ermöglichen.

Natürlich gibt es immer auch andere. Auch in der Pop-Musik. Und mir geht es auch gar nicht darum, dass Helene Fischer jetzt alle ihre Musik verschenken soll (bloß nicht – dann wäre sie womöglich noch omnipräsenter!). Ich find's nur reichlich absurd, wie sehr sie von aller Welt in den Himmel gelobt wird für das, was sie leistet ... und ich seh gar nicht so richtig, was das sein soll. Aber eben: Dafür ist mir Helene Fischer auch viel zu egal, als dass ich detailliert verfolgen würde, wo sie sich engagiert und was sie alles dafür tut, um unser Leben ein Stück schöner zu machen. Für mich gehören die Auftritte beim DFB-Pokal oder GNTM sowie ihr neues Album jedenfalls nicht dazu.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen