Freitag, 16. Oktober 2015

LOUANE: Avenir



Dass französische Songs sich richtig gut in deutschen Landen verkaufen kommt nicht so oft vor. Irgendwie ist die Sprache für viele dann doch zu verschwurbelt, mysteriös oder was auch immer. Dass es funktionieren kann, hat zuletzt stromae ganz schön demonstriert. Und damit gleich noch den Blick auf ein zumindest halb französischsprachiges Land gerichtet, dass sonst eher unter dem Radar der deutschen Musikkaufenden lag. Dabei gibt es schon einiges aus Belgien zu entdecken. Vive la fête zum Beispiel.

Zurück nach Frankreich: International erfolgreiche Musik von dort ist derzeit mit solchen Acts verbunden wie Daft Punk oder David Guetta, in letzter Zeit vielleicht auch mit DJ Snake. Das und der französische Chanson im Stile eines Serge Gainsbourgh oder Sebastien Tellier waren und sind die musikalischen Visitenkarten Frankreichs.

Und dann gibt es da noch eine Form von Musik oder Liedchen, die sich scheinbar unabhängig von allem, was in der Welt (und auch in Frankreich) passiert, unverändert hält. Indila, Alizée und auch ZAZ gehören dazu. Junge Frauen, Mädchen, die irgendwie sorglos ihre Liedchen trällern und dabei mehr oder weniger bewusst auf Lolita machen. Und neuerdings gehört dazu auch Louane.

Auf wikipedia wird mitgeteilt, dass sie in Frankreich durch ihre Teilnahme bei The Voice bekannt wurde, in Deutschland dürfte es eher der Film Verstehen Sie die Béliers? gewesen sein. Und ihr derzeitiger Hit Avenir, der es mit etwas Verzögerung dann doch in die Playlists der Servicewellen geschafft hat und uns recht penetrant durch den Tag führt.

Verblüffend bis erschreckend ist an dem Titel die oben schon beschriebene Unbekümmertheit. Musikalisch versucht es gar nicht erst auf clevere Pop-Produktion zu machen. Es tut ganz unschuldig und bodenständig, naiv ohne irgendwelche Absichten. Und bedient sich dabei reichlich ungeniert eines schlageresken Mitsing-Refrain plus einer Instrumentierung samt Produktion die ein fast identischer Aufguss von Lisa Mitchells Neapolitan Dreams aus dem Jahr 2009 ist. Das kenn' ich alles und hab es deshalb schnell im Ohr.
Hat sich also gar nichts getan im Business. Bisschen Klingklang, eine melancholisch-traurige Story (ja, es geht hier darum, verlassen zu werden ... und trotzig weiterzumachen) und ein fluffiger Beat. Fertig.



Was den Mädchen-Pop jetzt wieder so erfolgreich macht ist vielleicht die extrem zur Schau gestellte Sorglosigkeit. Laut Shell-Studie ist das ja gerade eines der beherrschenden Wesenszüge heutiger Jugendlicher. Und es passt auch ganz gut zum unbedarften DeepHouse-Lebensgefühl à la Klingande, Robin Schulz etc.

Trotz Verlust und Trennung ist Louane also gut drauf, schaut optimistisch in die Welt. Zeigt allen den Mittelfinger und geht weiter ihren vorgezeichneten Weg. Grundsätzlich ja eine sehr coole Haltung. Sich einfach nicht fertig machen lassen von Rückschlägen. – Nur das Schlagertussihafte Waoh Waoh Waoh ist mir echt zu viel. Das klingt enorm nach "Ich sing mir mal meine Probleme schnell weg." Wo mir die Worte fehlen, muss ich zu La-la-la greifen. Damit kann ich die Welt um mich rum gut ausblenden, ich muss nur oft genug das Lalala wiederholen.

Spontan fällt mir an dieser Stelle noch ein Vergleich ein: Hat nicht Lena gerade genau dieses Waoh Waoh Waoh als Mittel zelebriert? Scheint wohl doch eine europäische Haltung zu sein...

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