Sonntag, 21. Dezember 2014

KWABS: Walk

Soul ist immer noch da. Es gab und gibt Ansätze, den Sound ins 21. Jahrhundert zu transformieren. Ein paar britische Sänger gehen hier ganz vielversprechende Wege. Die USamerikanischen Protagonisten lassen sich eher auf die Kombination Euro-Großraumdisco vs. Soulstimme ein - da muss man sich selbst nicht zu sehr von seinen Ursprüngen entfernen.

Aber Soul ist auch in seiner nahezu ungebrochenen und ursprünglichen Version vorhanden. Und erfolgreich. Das ist nach wie vor erstmal auch etwas seltsam. Hat sich seit der Etablierung des Stils gesellschaftlich wirklich so wenig getan? Oder ist Soul einfach Ausdruck eines universell menschlichen Gefühls?

Anders gefragt: Was treibt einen jungen Menschen wie KWABS so zu singen, als sei es 1960? Seiner Biographie auf wikipedia kann man entnehmen, dass er schon recht früh mit sehr zeitgemäßen Künstlern zusammen gearbeitet hat. Goldie steht da genauso wie S O H N. Und wenn man ganz genau hinhört, dann identifiziert man tatsächlich den einen oder anderen Rhythmusbruch bei Walk. Aber insgesamt ist der Titel doch schon ordentlich glattgebügelt, wenig überraschend und konventionell. Vor allem, wenn man die Vorgängerproduktionen der EP Wrong Or Wright als Vergleich nimmt.

Nun weiß ich natürlich nicht, was KWABS dazu treibt sich von der zeitgemäßen Ausdrucksform abzuwenden und lieber ins konservative Lager zu wechseln. Zu sehen, dass ausgerechnet dieser Titel ihm den kommerziellen Durchbruch einbringt, erzählt allerdings einiges. Und lässt mich arg erschaudern. Die musikkonsumierende Jugend von 2014 ist also alles andere als zukunftszugewandt, euphorisch oder auf Eigenes aus. Lieber schön affirmativ zum Bestehenden, gern auch nostalgisch rückwärtsgewandt - immer noch Normcore mit einem Versatzstück Hipsterismus. Keine neuen Lebensentwürfe in Sicht.

Vielleicht hat irgendjemand KWABS gewarnt: Wenn du jetzt nicht gleich einen Hit landest, dann ist es aus mit der Karriere. Immerhin hat er sich ja auch für einen Plattenvertrag mit einem Major-Label entschieden. Da herrschen kommerziell schon ganz ordentliche Zwänge. Stilistisch darf es nicht zu wild werden. Und KWABS, der nichts anderes machen will als Musik - und diese Musik soll ja auch bei den Menschen ankommen - KWABS denkt sich: Ok, mach ich mal was massenkompatibles, was für die Charts.

KWABS scheint da für die kommenden Jahre noch ein ganzes Stück an Selbstfindung vor sich zu haben. Kommerziell erfolgreich und restaurativ oder dann doch ausprobierend, was im Heute alles möglich ist? Bei Walk ist das Video zumindest um Jahrzehnte dem Sound voraus. Macht den Song aber nicht wirklich spannender.



Zum Vergleich an dieser Stelle auch der Vorgänger Wrong Or Wright:



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