Freitag, 22. August 2014

MAGIC! Rude


Da entwickelt sich ein Reggae-Titel aus Kanada zum verspäteten Sommerhit. Klingt ein bisschen unmöglich, ist es vielleicht auch. Die Geschichte auf wikipedia liest sich mindestens genauso unglaublich. Und so passt alles schön zusammen: Die Musik, die Inszenierung, die Erfolgsstory.

So einen nicht ernst gemeinten Sommersong voller Heiterkeit und Spaß auseinandernehmen zu wollen, heißt sich wieder einmal von einem Fettnapf in den nächsten zu begeben. Der Spaß hört nämlich ganz schnell auf, wenn man den mal etwas ernster nimmt. Hab ich im letzten Jahr bei Rosana von WAX gemerkt. Daran erinnert mich Rude von MAGIC! ein bisschen. Nur dass ich ganz subjektiv Rosana um Längen witziger fand.

Bei Rude denk' ich irgendwie: Hmm, diese Reggae-Sommerhits sind doch meistens Eintagsfliegen. Alle kiffen was in den Ferien am See und fahren ungemein auf den entspannten Sound ab, der Friede Freude Eierkuchen verspricht. Wenn dann aber der Rauchnebel vorbei ist, dann ist auch die Begeisterung vergessen. Und die armen Künstler hinter den Riesenrelaxohits strampeln sich ab, es will ihnen einfach nicht gelingen noch mal mit einer Aufnahme so zu überzeugen. One Hit Wonder statt ernstzunehmender Künstler.

Sehr oft ist das nicht mal schade, denn so witzig und entspannt wie sich die Jungs (gab's auch mal einen echten Reggae-Hit von einer Frau?) gern mit ihren Songs geben, so sind sie dann meist doch nicht drauf. Oder etwa doch?

Schauen wir uns mal MAGIC an! Die erzählen mir eine hübsche, kleine Geschichte von einem spießigen Papa, der seine liebste Tochter auf gar keinen Fall an einen Musiker-Kiffer-Looser abgeben will. Auch wenn dieser seine Liebe beteuert was das Zeug hält. Lange Haare? Kein fester Job? Strickmütze? Keine Chance – unser Reihenhäuschen bleibt sauber.

Vor ungefähr 10 Jahren hieß dieser Typ unglücklich Verliebter Desmond Hume. Um seine Angebetete Penny Widmore vom bösen Papa zugesprochen zu bekommen, versuchte er sich erst in einer Weltumsegelung um dann für Jahre auf einer Insel zuzubringen und alle 108 Minuten einen Knopf zu drücken ... Das war insgesamt dann doch eine eindrucksvolle Geschichte, weil der böse Papa wirklich ganz böse war und nichts mehr suchte als den Zugang zu eben jener Insel, hatte sich also die Konstellation komplett umgedreht ... tricky!

Bei Atweh Nasri von MAGIC! ist die Geschichte nicht so komplex. (Der Song zieht sich ja auch nicht über sechs Staffeln :-) ) Der versucht tatsächlich den Papa zu überzeugen und steigt auf dessen Argumentation ein. Er droht mit Hochzeit und Familiengründung, das sollte den Papa doch nun wirklich erschrecken. Schließlich kommt er sogar noch mit der Moral: "I'm Human Too" – vergebens. Den Spießer bewegt das alles nicht.



Am Ende kriegt der Verliebte auch ohne Papas Segen seine Angebetete. Er schenkt ihr sogar einen Ring ... auweia, hat er das mit der Hochzeitsdrohung und der Familiengründung wirklich ernst gemeint? Ich dachte, das wär' hier alles nur Spaß. Aber da ist der Song dann auch schon zu Ende. Sommerkomödie mit Happy End halt.

Das mögen natürlich viele Menschen weltweit. Es sind ja auch die netten Beziehungs- und Hochzeitskomödien, die immer wieder die Kinos füllen: What a man, Kokowääh, Eins-zwei-drei-Ohren-Tiere ... Die lenken ab von dem, was stressiger Alltag oder einfach auch nur Langeweile ist. Will ich an dieser Stelle gar nicht schlecht reden, solche Ablenkungen muss es geben, sonst wär' hier ganz schnell die Totalrevolution angesagt vor lauter Unzufriedenen.

Traurig find ich nur, dass am Ende immer das Spießer-Happy-End steht. Es geht bei allem Spaß und aller Lustigkeit dann doch nie wirklich um das unbeschwerte Glück und die gemeinsame Lust – es geht um Fortpflanzungspropaganda, aber schön in altkonventionellen Formen. So etwas wie Tom Tykwer in "Drei" versucht kaum jemand als Option zu denken.

Und irgendwie werd ich auch bei MAGIC! das Gefühl nicht los: Mensch, warum muss es denn jetzt wirklich die EinfamilienhaushochzeitmitKinder sein? Dieser Werbefilmtraum wird auch nicht besser, wenn er 10.000 mal ironisch gebrochen ist. Macht doch einfach so los und euch ein schönes Leben. Nur um dem Papa zu zeigen, dass man es drauf hat, genau dessen verbiesterten Weg gehen? Das versaut mir ein bisschen den Spaß an der ganzen Geschichte.

Ich weiß, Sommerhits und Spaßlieder darf man nicht so ernst nehmen. Atweh Nasri hatte einfach Lust auf ein bisschen Belanglosigkeit. Und sich über Spießer lustig machen funktioniert ja immer. Vor allem bei Menschen, die sich hin und wieder genau innerhalb dieser Stereotype erwischen. Vielleicht hilft ihnen das ja, nicht vollends so zu werden wie die Karrikierten.

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