Freitag, 10. Januar 2014

Pharrell Williams: Happy

Musik kennt keine Zeit. Gute Musik erst recht nicht. – Das mag über diesem Titel von Pharrell Williams stehen. Und ganz wunderbar fasst er die Überlegungen, Diskussionen und Entwicklungen der letzten Jahre zusammen, macht sie förmlich erlebbar, mischt sich mit unglaublicher Leichtigkeit und herrlichem Frohsinn in den theoretischen Diskurs ein: hier ist also das Resümee von allem was wir unter dem Begriff Atemporalität gedacht und geschrieben haben.



Happy ist ein wunderbarer Soultitel, den ich im Radio höre und erstmal rätsel: kenn ich doch – oder nicht? Das war doch 1963 – nee ’76 oder vielleicht doch 90er?? Aber der Song stammt aus dem Jahr 2013 – und es spielt keine Rolle. Soulmusiker müssen sich heute nicht mal mehr bemühen, ihren Stil weiter zu entwickeln. Sie machen einfach das, was schon Hunderte Vertreterinnen ihres Stils schon vor ihnen getan haben. Und das gilt nicht nur für Soul.

Schön ist es, wenn diese Restaurierung des Genres tatsächlich auch noch Gefühle und Freude zu vermitteln weiß. Der Bereich Dancemusic hat sich da ja schon ordentlich tot gelaufen. Hier verkauft sich die 1.000ste Wiederholung zwar immer noch recht gut – aber interessant ist das nicht und neugierig macht das schon lange nicht mehr.

Pharrell Williams hat dagegen ein ganz gutes Gespür für überzeugende Melodien und Produktionen. Als einer der erfolgreichsten Interpreten des Jahres bescherte er uns 2013 mit Get Lucky und Blurred Lines gleich zwei Nummer 1-Hits – mit Happy setzt er zum nächsten Streich an.

Und weil der Titel nicht nur über gute Laune erzählt sondern diese auch gleich transportiert, was enorm ansteckend ist und mich sowieso dazu verleitet, den Titel auf Endlosschleife zu hören, macht Pharrell Williams genau das. Er produziert ein Endlosschlaufenvideo. Auf 24hoursofhappy läuft der Titel ununterbrochen, begleitet von verschiedenen Menschen, die dazu durch Straßen, Theater, Einkaufszentren, Bahnhöfe und jeglichen anderen erdenklichen Ort tanzen. Musik kennt nicht nur keine Zeit, sondern auch keinen Ort. Und ganz nebenbei definiert Pharrell Williams Glücklich-Sein ganz individuell und vielfältig aber in jedem Fall überzeugend.

Happy ist vielleicht der erste Titel, der mich wirklich mit dem Fakt der Atemporalität im Pop- und Kreativ-Geschäft versöhnt. Natürlich mag ich es trotzdem, wenn Stile auf ihre Gültigkeit hin immer wieder neu befragt werden. Und ich mag nach wie vor Fusionen jedweder Art. Manchmal reicht es aber auch, einfach nur glücklich zu sein: Clap Along If You Know What Happiness Is To You!


Und hier noch ein bisschen Theorie:
Das Ende der Geschichte für kreative Berufe (deutsch)
Bruce Sterling: Atemporality for Creative Arts



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