Freitag, 20. Dezember 2013

MARTERIA: Kids (2 Finger an den Kopf)

Es gibt also Pop-Acts die kann man einfach nur vergessen: vorausberechnend, auf Masse gebürstet, inhaltsleer, Hauptsache Skandal und ein paar chice Kostüme. Die sind strunzlangweilig und nur in den allerseltensten Fällen auch nur einen Hauch Aufregung wert.

Dann gibt es die Guten: diejenigen, die sich ein bisschen mehr den Kopf machen, die ziemlich genau reflektieren was für ein Scheißverein dieser Pop-Zirkus eigentlich ist und die trotzdem coole Musik machen. Oder auch saulustig sind: Brezel Göring ist so einer.

Und dann gibt es welche, bei denen weiß man nicht so genau. MARTERIA zum Beispiel. Der schliddert ordentlich hin und her zwischen schweinecool und peinlich bieder.

Da er außerdem der Generation Ironie angehört weiß niemand so recht, was nun genau Sache ist. Er entzieht sich einfach einer Festlegung durch gnadenlose Brechung aller Ebenen. Selbst sein jüngster Streich Kids (2 Finger an den Kopf), der ja geradezu direkt ausspricht was er meint, lässt noch genügend Interpretationsnischen offen. Ich kann mich am schönen Styling der Mädels im Video genauso freuen wie ich den Text unglaublich kritisch und auf den Punkt getroffen finden kann. Ich kann auch genauso gut die Ironiefolie drüber legen und das Ganze ist mindestens entgegengesetzt gemeint. Oder das Gegenteil vom Gegenteil. Oder was auch immer.



Am Ende haben sich alle im Deutungschaos verloren und es bleibt lediglich die Entscheidung des Bauches: Mag ich den Beat? Mag ich die Art des Rhymes? Find' ich Kinderchöre cool? - Das kann alles ordentlich nach hinten losgehen. Kinderchöre sind ja eigentlich schon ganz schön verbraucht. Und die Sinnlos-Ich-mein-gar-nix-mehr-Partynummer ist auch nicht grad der Bringer für 'ne längere Zeit. Schön, dass sich MARTERIA dann trotzdem noch traut Geschichten zu erzählen, über das Leben nachzudenken und das sogar in Musik zu verpacken. Mit diesem Mut, auch mit dem Ergebnis, nie eine Lösung anbieten zu können, sondern sich einzugestehen, dass es eben doch immer nur so weiter geht – mit dieser Haltung bringt er unsere Realität, unsere Gesellschaft schön auf den Punkt: Zu kompliziert um begreifbar zu sein, zu komplex um irgendwie beeinflusst werden zu können. Und trotzdem auch schön, geil, lustig. Das hat er hier gut hingekriegt. Es muss also nicht zwangsläufig peinlich sein, wenn man Rapper und Papa gleichzeitig ist.

Danke für diese Lehre.

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