Freitag, 27. September 2013

Jason Derulo Feat. 2 Chainz: Talk Dirty

Wenn ein Titel direkt von 0 auf die 1 in den Verkaufscharts springt, dann steht dahinter oft ein Medienereignis. Oder der Song ist unfassbar eingängig und infektiös. Erstes ist bei Talk Dirty von Jason Derulo Feat. 2 Chainz nicht der Fall. Beim zweiten bin ich mir noch nicht ganz sicher, aber so oft wie ich den Track jetzt schon gehört habe, scheint doch der Ohrwurm- und Spaßfaktor ordentlich hoch zu sein. Für Jason Derulo ist es auf alle Fälle ein gewagtes Stück, verlässt er doch altbekannte Soundgefilde und legt etwas mit Charakter vor. Vielleicht abgesehen von seiner Debutsingle Watcha Say Ende 2009 das erste Mal, dass er sich musikalisch was Eigenständiges traut.

Nun ist Herr Derulo deswegen nicht gleich der geniale Musiker und Neuerfinder eines Sounds, aber er weiß ganz gut die Zeichen der Zeit auszuwerten und für sich zu benutzen. In seiner sparsamen Instrumentierung setzt Talk Dirty auf eine kleine Strömung auf, die spätestens seit Conor Maynard’s Can’t Say No auch im Mainstream Aufmerksamkeit erlangen kann. Dann stellt sich bei den ersten knarzigen Bläsern auch so eine leichte Erinnerung an den Soundtrack zu The Great Gatsby ein. Wir plündern also ein bisschen dieses 20er Jahre Gefühl, aber nicht zu sehr – zeitgemäß soll es schon sein. Spätestens wenn die Bläser-Hookline einsetzt wird der Track tatsächlich irrsinnig. Ist das etwa Balkan-Sound? – Ja genau, ist es. Hier werden hübsch die Balkan Beat Box mit ihrem Track Hermetico ausgeschlachtet. Die sind ja seit gut fünf Jahren hochgefeiert und jeder Mensch mit Geschmack findet sie gut und hat mindestens irgendwo eine CD von ihnen stehen. Nun also darf das USamerikanisch-israelische Projekt auch richtig die Massen beglücken.



Die Mischung ist clever. Sie ist global zeitgemäß – das Video versucht ja dann auch ansatzweise ein bisschen auf international zu machen. Und hier könnte man schon in einen Jubelgesang ausbrechen: schöne, bunte Welt, Sprache und Kultur sind längst keine Hürden mehr, wir verstehen uns schon… Könnte man. Wäre da nicht gerade dieses genau konträr verlaufene, politische Ereignis des letzten Wochenendes gewesen. Da hat die deutsche Republik in Mehrheit gezeigt, dass da nicht viel mit bunt, international und modern ist. Da war es flächendeckend nur noch schwarz. Und ich krieg diese beiden Ereignisse gar nicht recht zusammen. Was ist das für eine Gesellschaft, die auf der einen Seite global, multikulturell abfeiert, ohne Angst vor Berührungen und Mischungen und auf der anderen Seite werden am liebsten alle Schotten dicht gemacht, Austausch bitte nur wenn er sich wirtschaftlich rechnet und das mit den anderen Kulturen und Traditionen, die sollten sich mal auch lieber an deutschen Gepflogenheiten orientieren …

Ja ich weiss schon, die Kids, die sich Musik kaufen, sind nicht interessiert an Politik und dürfen obendrein meist noch gar nicht wählen. Außerdem haben sich Popwelt und Politik ja bereits dermaßen voneinander entfernt, dass beides scheinbar nichts mehr miteinander zu tun hat. Ich glaub’ zwar, dass das kompletter Unsinn ist, denn gerade die Abwesenheit von jeglichem Gesellschaftsbezug im Mainstream ist hochpolitisch. Sie überlässt in ihrer Alles-egal-Haltung allen möglichen Freaks die Möglichkeit unser Leben (und unser Feiern) zu bestimmen, zu lenken oder wahlweise auch einzuschränken oder zu verbieten.

Vor einiger Zeit sagte mir eine 16jährige, ihr sei das doch völlig egal ob sie fremdbestimmt wäre oder nicht. Sie fände das sogar gut, wenn sie nicht ständig selber entscheiden und nachdenken müsse. Et voilá – willkommen in der schönen, neuen Welt. Jason Derulo spielt uns schon mal den Soundtrack dazu. Für völlig kritiklosen Konsum ist er mit seinen wirklich eindrucksvollen Choreographien und der übersteigerten Körperkult-Inszenierung ja bestens geeignet.






Freitag, 20. September 2013

Olly Murs: Dear Darlin'



Da musste ich mir doch soeben wirklich anhören, dass ZEDD ein unglaublich scharfsinniger und ungewöhnlicher Produzent sei. Das, was er mache, das klinge zwar wie Dancemusic, aber das wäre komplett etwas anderes. Schon allein die Texte … Glücklicherweise war ich schon genug betrunken um mich mit dem halbwüchsigen, jungen Mann nicht komplett in die Haare zu kriegen. Mag ja sein, dass einer Eurodance geil findet, aber deshalb so jemanden wie ZEDD gleich intellektuell zu überhöhen und für einmalig zu erklären, das führt doch wohl wirklich zu weit, oder?

Und heute sitze ich hier, lasse mir die aktuelle Single von Olly Murs um die Ohren hauen, bin einigermaßen fasziniert von der Leichtigkeit mit der dieser Song daherkommt und erwische mich dabei wie ich denke: Dieser Olly Murs, der schafft es ja wirklich Popmusik aus dieser Langweiler-Ecke rauszuholen …

Hoppla, großes Déja vu – bin ich jetzt eigentlich nicht viel besser als dieser gerade mal 20jährige, der in seiner überschwänglichen Begeisterung nicht mehr recht in der Lage ist, tatsächliche Unterschiede wahrzunehmen?

Also: Dear Darlin' ist ein mit Bedacht produziertes Stückchen Mainstream-Pop. Ganz bewusst so aufgenommen und abgemischt, dass es möglichst viele Musikkaufende erreicht und garantiert viel Umsatz macht. Absolut korrekt. Und damit unterscheidet es sich erstmal nicht von einer Menge anderem Zeug, was sich in den Charts aufhält. Chartsmusik ist ja schon seit Langem zu einem schlimmen Schimpfwort geworden.

Aber ich möchte Dear Darlin' an dieser Stelle tatsächlich etwas mehr Potenzial bescheinigen, zu einem Pop-Klassiker werden zu können. Also ein Charthit, der nicht zwangsläufig morgen schon vergessen sein muss. Auf schnellen Verkauf produziert – und dann in die Tonne gekloppt. Und warum denke ich das?

Zunächst mal erzählt Dear Darlin' eine ganz allgemeingültige Geschichte. Da haben sich zwei getrennt, irgendwas lief schief in der Beziehung, und nun ist sie da die Reue, der Schmerz, die Trauer. Der/die eine setzt sich hin und schreibt einen Brief oder einen Song. Jedenfalls etwas das Arbeit macht und mehr als 85 Zeichen benötigt. Ganz uncool also ein undigitales Medium. Und mit diesem wird dann tatsächlich ganz ehrlich beschrieben, wie es gerade innen drin aussieht. Und da ist nichts mehr von Stolz, keine Vorwürfe, auch kein Zweifel an der Reinheit dieser Gefühle. Da bereut wirklich jemand. Das ist ja in der allgemeinen Hipness und Selbstbezogenheit unserer Tage ein Zustand, der kaum noch vorkommt. Das ist an sich ja schon ordenltich Oldschool.

Das Ganze ist gepackt in eine Menge Geigen, Echo, Pianoklänge und sogar Glockengeläut. Da wird sich ganz breit im Gefühl gesuhlt. Komischerweise funktioniert das sogar mit dem unterlegten Rhythmus. Dieser Titel ist gar nicht die supertraurige Ballade. Das ist eine Hymne – eine Hymne an die Verlorene? Eine Hoffnung, dass diese Zeilen ankommen und alles was gewesen war, ungeschehen machen? Ein Stück Gewissheit über das wirklich Wichtige? Ein Beschluss für die Zukunft?

Das könnte alles mitschwingen in diesem Titel. Und ein bisschen ist es wie bei Romeo und Julia oder Edward und Bella – man kann super mittrauern und mitleiden und sich erinnert fühlen oder sogar genau in der gleichen Situation sein. Ein hübsches verzuckertes Pop-Märchen.

Die Stärke von Olly Murs besteht darin, dieses doch bekannte und schnöde Märchen so überzeugend zu erzählen und zu singen, dass es genügend Authentizität besitzt um unsere Gefühle anzusprechen. Er singt nicht einfach schön, es ist zu hören, dass er eben auch am Ende ist. Sogar stimmlich. Das sind nicht nur saubere Töne. Da könnte jetzt auch gleich die Stimme versagen. Da ist bei aller technischer Produktionsraffinesse noch ein wirkliches Stückchen Mensch drin. Ich glaube, das genau unterscheidet den Song von anderen. Es ist eben nicht nur ein glatt produzierter Pop-Titel. Es hat diesen winzigen Schuss von Persönlichkeit, um glaubhaft eine Geschichte zu erzählen. Oder ein Gefühl zu vermitteln. Und deshalb könnte der Titel auch in fünf oder zehn Jahren noch genauso funktionieren.







Freitag, 13. September 2013

Ellie Goulding: Burn



Es war vor gut einem Jahr, da erwischte mich Ellie Goulding mit ihrem Song Anything Could Happen völlig unvorbereitet. Diese sehnsuchtsvoll-romantische Hymne im eiskalten Synthie-Gewand entwickelte sich für mich zum Ohrwurm und ließ die Sängerin auf meine ganz persönliche Liste "Spannende Pop-Künstler_innen" wandern. Nicht, dass sie zuvor nicht schon sehr hübsche Veröffentlichungen vorgelegt hätte. Das Cover des Elton John-Klassikers Your Song zum Beispiel berührte mich zutiefst und ich war ein wenig erschrocken darüber, wie kitschig doch auch ich veranlagt bin. Starry Eyed war davor schon mindestens ein Aufhorchen wert für ungewöhnliche Effekte.

Kurz und gut: seit einem Jahr kam ich an Ellie Goulding auf keinen Fall mehr vorbei. Und das was ihr Album Halcyon bereit hielt war tatsächlich hörenswert und für eine Pop-Produktion der 2010er recht vielfältig. Allein die drei Singles Anything Could Happen, Lights und I Need Your Love zeigten ein hübsches Repertoire an Ausdrucksmöglichkeiten.

Und nun liegt zur Wiederveröffentlichung des Albums unter dem Titel Halcyon Days mit Burn neues Material vor. Mittlerweile ist Ellie Goulding ja tatsächlich zu so etwas wie einem Star geworden – zumindest die Anzahl der Remixe, Kollaborationen und Spaß-Coverversionen deutet auf einige Wichtigkeit hin. Und genau das ist auch ein wenig das Problem bei Burn. Es ist ein Titel, der hervorragend in das Repertoire von Ellie Goulding passt, mit dem stark am Euro-Dance orientierten Sound sogar eine weitere Facette abdeckt. Aber ganz ehrlich: Mir ist das schon beinahe zu viel an Staubsaugersound.



Sicher, Burn erzählt von diesen Momenten, in denen wir uns in der Lage fühlen alles zu erreichen, nicht zu stoppen zu sein – und die Welt, das Universum liegt vor uns und wartet nur darauf erobert zu werden. Ein Gefühl das sich auf guten Parties einstellt – vielleicht auch mit der gehörigen Portion entsprechender Drogen im Körper. Und so ist dieser hysterisch selbstverliebte Dancefloor-Sound eine passende akustische Entsprechung. Trotzdem: das Spannende an Ellie Gouldings Veröffentlichungen war doch meist ihr eigener, ein wenig abseitigere Zugriff auf Musik. Das war und ist gängiger Pop, auch tanzflächenkompatibel – aber eben immer auch ein Stück sperrig, ein winziges Momentchen lang ungewöhnlich. Bei Burn ist dieses Anders-Sein fast komplett ausgelöscht. Gerade noch ist es Ellie Gouldings prägnante Stimme, die daran erinnert, dass es sich hier nicht um eine Natalie Horler Version 8 handelt.

Knapp zwei Monate nach Veröffentlichung von Burn steht definitiv fest, dass dies Ellie Gouldings erfolgreichster Song ist. Die Mehrheit des musikkaufenden Publikums mag die gleichförmige Masseneuphorie. Ich wünsche mir, dass Ellie Goulding in Zukunft nicht zu oft in diesen Topf hineingreift.




Freitag, 6. September 2013

Flo Rida Feat. Pitbull: Can't Believe It



Erinnert sich noch jemand, wann Flo Rida den letzten coolen Track veröffentlicht hat? – Ok, Good Feeling war schon ein ordentlicher Ohrwurm. Aber das war ganz wesentlich den Anleihen bzw. der Vorlage von AVICII zu verdanken. Sonst kam ja von Flo Rida eher überproduzierter Kindergartenquatsch mit alberner Bildsprache. Mit Can’t Believe It ändert sich das schlagartig. Denn dieser Song ist wirklich verdammt cool.

Natürlich ist das Ganze – wie sollte es auch anders sein – sexistisch in Hochpotenz. Es reduziert Frauen auf Ärsche und macht sie auch sonst zu nichts anderem als Objekten der männlichen Lustbefriedigung. Sich daran abzuarbeiten ist im Falle von Flo Rida und seinem Steigbügelhalter Pitbull völlig sinnlos. Neu ist in dieser Machotour, dass Flo Rida sich seit langem mal wieder einer Atmosphäre und eines Sounds bemüht, der tatsächlich so sexualisiert daherkommt wie der Inhalt. Das ist ihm seit seinem Debut-Album Mail On Sunday von 2008 kaum mehr passiert. Besinnt sich da ein Pop-Artist auf das, was er tatsächlich kann und ist?

Nun muss man natürlich zugeben, dass ein Großteil der Coolness aus den schlauen Anleihen und Zitaten stammt die in größerer Anzahl Can't Believe It bevölkern. Das heißt, hier hat Flo Rida vor allem mal mit der Wahl der Produzenten ordentlich Glück gehabt. Diese benutzen ziemlich unverkrampft eine ganze Reihe von Erfolgsrezepten.

Zunächst mal bedient sich Can’t Believe it sehr frech einer Hookline / eines Riffs, dass wir fast haargenau so von den White Stripes kennen. Sich an einem Hit wie Seven Nation Army heranzumachen finde ich ziemlich gewagt. – Nun, das Publikum kann damit umgehen und findet’s offenbar sogar gut.



Referenz Nummer 2: Sexy Back von Justin Timberlake produziert von Timbaland. Auch hier ist es wesentlich mehr als die Hintergrundmurmelrufe, die tatsächlich 1:1 übernommen wurden. Die Art wie der Rhythmus in einen peitschenden Elektro-Funk verwandelt wurde ist ziemlich identisch.

Und schließlich entdeckt man auch einen hübschen Verweis auf Yellos Oh Yeah aus dem Jahr 1987.





Natürlich gibt es noch eine ganze Reihe mehr an Verweisen und direkten Zitaten – allein die Kombination der drei oben genannten ist eine ziemlich irrsinnige Mischung, die auch zeigt, dass Sampling und Remixing eine spannende, freudvolle und inspirierende Sache sein kann.

Und so wie sich der Sound durch die Jahrzehnte und Stile arbeitet, so bedient das Video einen Cut-and-Paste-Stil, der auch ein wenig an frühe Computergrafiken aus den 90ern erinnert. Die Regisseure Geremey & Georgie Legs zeigen damit, dass sie sehr genau die aktuellen Entwicklungen in Sachen Musikbebilderung studiert haben. Diplos Butter’s Theme macht nämlich genau dasselbe (und dreht es noch um einige Stufen weiter ins Extreme, was die tatsächlich neue Qualität ausmacht).


Flo Rida Feat. Pitbull – Cant’t Believe It


Diplo – Butter’s Theme

Der Vergleich der beiden Videos scheint mir spannend. Denn auch Diplo spart ja nicht mit Anzüglichkeiten und vor Sexualität strotzenden Wort- , Musik- und Bildspielchen. Im Gegensatz zu Flo Rida & Co. kommt er aber völlig ohne den Macho-Blick aus und ist alles andere als frauenverachtend. Da kann so mancher Pop-Star noch ein bisschen was lernen.

Zum Ende bringe ich hier mal noch einen aktuellen Track ins Spiel, der in Sachen Coolness locker mit Can’t Believe It mithält und den ich hier sicher in wenigen Wochen auch nochmal genauer abfeiern kann: Give It 2 U von Sexyfunk-Master Robin Thicke … haltet mal Ausschau danach.



Sonntag, 1. September 2013

Katy Perry: ROAR



Nun ist die Welt also wieder in Ordnung: Katy Perry kann doch noch Hits platzieren. Auch wenn es anfangs nicht danach aussah und der Start ihrer neuen Single Roar sogar weit hinter den Ergebnissen von Sean Paul’s Other Side Of Love zurückblieb. Nun ist sie also doch noch On Top gelandet, vor ihrem Bezwinger aus der Vorwoche und sogar noch vor Lady Gaga.

Aber was präsentiert uns der Star da nach doch gut zwei Jahren ohne wirklich großen Hit? Zunächst mal geht es ziemlich laut zu – der Titel suggeriert es ja schon. Hier wird nicht an Feinheiten gefeilt, hier geht es zur Sache. Und zwar mit Hammer und Amboss. Die Promotionmaschine läuft also auf Hochtouren: ein goldener Truck fährt durch halb Nordamerika, Teaser-Videos zum Album und zur Single werden auf youtube veröffentlicht - und Katy Perry versucht uns zu erzählen: Hier kommt eine neue, eine ganz andere Katy Perry. Vergesst Teenage Dream – it's time to become adult.

Viele dieser Geschichten vom Erwachsenwerden sind in der letzten Zeit eher peinlich gewesen: Robbie Williams zum Beispiel verklebt sich in rosarotem Candy-Brei, Sido kann sich nur noch an schöne Zeiten erinnern und halluziniert bräsig-dudelige Bilder im Kopf, Sean Paul kriegt's gleich gar nicht auf die Reihe … und Katy Perry? Nun ja – wenn laut Herumbrüllen und die dazugehörende Behauptung des Ich bedeutet, Erwachsen zu sein, dann ist sie wohl sehr nahe dran. Immerhin gibt es tatsächlich eine Phase, in der man erstmal lernen muss, zu sich selbst zu stehen, sein eigenes Ding zu machen, auf das Gerede der anderen zu pfeifen. Vielleicht ist das wirklich die Phase, in der ein Mensch erwachsen wird. Und vielleicht beginnt diese Phase heute wirklich erst mit Mitte bis Ende 20 – also genau das Alter in dem Katy Perry sich befindet.

So richtig überzeugt bin ich von Roar dennoch nicht. Es ist mir zu laut, zu sehr auf Selbstbehauptung gepocht – und dabei zu wenig eigenständig. Das, was Katy Perry da abliefert ist eben nicht der unverwechselbare und einmalige Song. Das ist ganz schnöder Alltagspop. Hat Berechtigung – klar. Aber P!NK macht das seit Jahren schon genauso und vermutlich sogar überzeugender. Nur Brüllen allein ergibt noch lange keine Identität. Da gehört dann eben auch dazu, sich nochmal etwas intensiver mit sich selbst auseinanderzusetzen und zu wissen, worin die eigenen Stärken bestehen.

Vielleicht kann sich Katy Perry – wenn sie denn wirklich eine ernstzunehmenden und erwachsene Künstlerin werden will - mal anschauen wie das Robin Thicke macht oder auch Daft Punk. Oder sie schaut sich die momentanen Meister des Älterwerdens, Depeche Mode, an. Aber eigentlich weiß ich gar nicht, ob ich so eine alte und ernste Katy Perry überhaupt will. Für mich ist ihr Einstandshit I Kissed A Girl nach wie vor einer der schönsten Pop-Momente des 21. Jahrhunderts. In seiner Naivität und Überraschung ist dieser Titel so echt und einmalig – da ist es mir völlig egal ob das jetzt Kinder-, Jugend- oder Erwachsenenmusik ist. Es ist einfach überzeugend. Diese Intensität kann ich bei Roar leider nicht finden.