Freitag, 19. Juli 2013

AVICII: Wake Me Up!



Ich erinnere mich noch, wie ich AVICII das allererste mal begegnet bin. Es war in einer schönen, warmen Sommernacht. Wir waren alle in unglaublicher Feierlaune und zogen durch die Stadt. Selbst Leute, die wir nur flüchtig kannten umarmten wir. Und dann tauchte da dieser Track auf, dieses Sample “My Feelings For You Have Always Been Real” – wir tanzten als gäbe es keinen Morgen. Das war im Jahr 2010.

Nüchtern und bei Tageslicht besehen, hatte My Feelings For You überhaupt nicht mehr diesen Glanz. Im Gegenteil, der Song schien sogar ein wenig öde und belanglos. Nur die Erinnerung an diese 5 Minuten in dieser einen Nacht ließ ihn besonders werden. Das ist der Weg, wie Clubhymnen zu kommerziellen Hits werden und dann vielleicht auch den einen oder die andere Musikkäuferin infizieren.

Diese Umwege in den Mainstream hat AVICII alias Tim Bergling mittlerweile nicht mehr nötig. LE7ELS war Ende 2011 gleichzeitig als Clubtrack und parallel mit etwas weniger Elektronik als Mainstream-Pophit für Flo Rida enorm präsent. I Could Be The One stürmte Anfang diesen Jahres vor allem in die britischen Charts. Und nun soll also das erste Studioalbum folgen – als Vorgeschmack wirft der Schwede Wake Me Up! auf den Markt.

Und wieder ist es eine ziemlich raffinierte Mischung aus schon Bekanntem – aber ganz gut durchgequirlt, so dass es weniger als Abklatsch wahrgenommen wird, sondern vielmehr als Referenz. Es beginnt mit dem Titel: Wake Me Up ... mit einem kleinen "Don't" davor haben wir den vocoderverzerrten und ziemlich unsäglichen Hit von Chris Brown aus dem vergangenen Sommer. Bei Kids und noch nicht ganz Teenies, die solhcerart Kunstprodukte unkritisch aufsaugen, dürfte der Titel sicher noch gut in Erinnerung sein. Und beim unbedarften Mitsummen landet man flugs auch in der etwas älteren Melodie. Was so ein paar gleiche Worte alles ausmachen ...

Das neue Wake Me Up! beginnt aber recht bodenständig: Gitarre und die Stimme von Aloe Blacc. Ein wenig erinnert's schon an den Good Feeling-Aufguss. Aber: Aloe Blacc - das ist ein Name, der eine gewisse Ernsthaftigkeit ausstrahlt – vielleicht ist Soft Soul der passende Begriff. Da können sich eigentlich alle drauf einigen, die nicht so sehr auf Elektronisches stehen. Oder den totalen Mainstream ein wenig ablehnen. Hier ist also Seele gefragt, Leben.

Wenn es dann das erste Mal in die Hookline geht, wird dann die Gitarre nochmal richtig countryesk verzerrt bevor es in die Dancefloor-Fanfare rüberschwappt. Das ist der eigentlich unerhörte Moment des Titels. Taylor Swift meets David Guetta. Das Ganze aber so geschickt ineinander verwoben, dass es Freunde beider Stile zu überzeugen weiß. Und beide Stile nochmal neu anschaut.

Damit wäre gesagt, was die Qualität des Herrn Berg ausmacht. Er nimmt nicht einfach nur Versatzstücke aus den verschiedensten Ecken und schmeißt sie gnadenlos zusammen. Nein, er tüftelt so lange, bis alles ganz organisch zusammen geht. Und im besten Fall in der Fusion so etwas wie einen Aspekt eröffnet. Für diesen Aufwand gebührt ihm Respekt. Ich hoffe mal, dass der augenblickliche Erfolg auch ein Zeichen dafür ist, dass Menschen das ähnlich empfinden. Vielleicht lohnt sich Qualität endlich mal wieder ein bisschen mehr. Wesentlichen Einfluss auf die weitere Entwicklung dürfte das für September angekündigte Album von AVICII haben. Bin ich mal gespannt.






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