Montag, 3. Dezember 2012

P!nk: Try

Wenn wir jetzt eine Umfrage starten würden nach den wichtigsten Künstlerinnen der letzten 10 bis 15 Jahre – wer würde uns da wohl einfallen? Wahrscheinlich so was wie Lady Gaga, Rihanna, eventuell würden auch Katy Perry oder Adele genannt. Aber würde jemand auf P!nk kommen? – Wahrscheinlich nur die wenigsten und genau das ist komisch. Denn streng genommen gehört P!nk zu den produktivsten und erfolgreichsten Rock-Musikerinnen seit dem Jahrtausendwechsel. Von den 26 Singles, die mit ihrem Namen versehen sind haben sich mittlerweile ganze 17 so massiv verkaufen können, dass sie in den deutschen Top 10 landeten. Keine schlechte Bilanz. Und das in einer Zeit, in der sich rockigere Töne nicht immer so ganz leicht tun. Von Frauen sowieso nicht.

P!nk also singt sich nun schon eine ganze Weile in die Ohren und Herzen der Menschen. Sie tut das gerne etwas lauter. Das ist vielleicht nicht immer jedermanns Sache. Aber es macht gut Luft und baut Frust ab. P!nk scheint davon eine ganze Menge zu haben. Zum Beispiel geht es in ihrer aktuellen Single Try darum, dass sie irgendwie immer den Falschen erwischt. Zunächst mal sieht der smarte Mann im Video ganz nett aus. Aber Colt Prattes spielt bzw. tanzt hier ein richtiges Arschloch. Da ist nicht viel mit Zärtlichkeit und Zuneigung, da geht's eher um's eigene Ego und darum, den/die andere zu verletzen. Das ist im Falle von Try künstlerisch überhöht in eine Choreographie gegossen – könnte so in jedem zeitgenössischen Stück Tanztheater bestehen.

P!nk derweil kann sich aus diesem Beziehungsdrama nicht so recht lösen. Zumindest behauptet sie felsenfest, es wäre immer noch einen Versuch wert. So leicht stirbt es sich nicht. Da spielt P!nk also ganz doll die toughe Frau, die nichts umhaut, die immer wieder aufsteht. Das ist ja so ein bisschen auch der Grund, warum sie gern rumgezeigt wird und als Role Modell für die moderne Frau genannt wird. Ist nichts gegen einzuwenden. Warum eine starke Frau aber so wenig auf ihr Gefühlsleben achtet – das verstehe ich wirklich nicht. Nur weil ein Kerl gut aussieht, muss man's nicht immer wieder mit ihm versuchen. Da fänd' ich's besser P!nk hätte die Stärke und würde den Vogel in die Wüste schicken (was sie in anderen Songs ja auch schon mit Bravour gemacht hat).

Das Cover zum Song legt noch eine andere Interpretationslinie aus. Mit Maske vor den Augen ist die ganze vage umschriebene Nummer mit dem Verletzen und Verletzt-Werden mit viel Wohlwollen auch als Spiel zu lesen. Ein Spiel von Unterwerfung und Dominanz. Allerdings ändert das für mich nichts an dem, wie Menschen im Alltag funktionieren sollten. Wenn's da um Machtspiele geht isses einfach Sch.... – egal welche sexuellen Vorlieben ich habe.



Try ist also irgendwie nicht ganz so tough – kommt ja auch beinahe als Ballade daher. Es ist eine Art Abrechnung, aber irgendwie nur eine halbe. Für mich sieht das alles auch ein bisschen unfertig, unentschlossen aus. Dieses Gefühl habe ich durchaus häufiger bei P!nk. Kann natürlich auch total daran liegen, dass ich nicht die Zielgruppe bin. Männlich und mittlerweile auch nicht mehr der Jüngste – da sind die Maßstäbe vielleicht andere. Allemal konsequenter und sympathischer als Frau Gaga oder Madame Rihanna ist P!nk in jedem Fall.

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