Freitag, 9. November 2012

Klangkarussell: Sonnentanz



Es gibt mal wieder einen Track, der hat es geschafft ohne übermächtige Medien-Promotion durch ein großes Label oder eine Fernseh-(Casting-)Show sich zu einem anständigen Hit zu mausern. Laut wikipedia-Gerüchten ist Sonnentanz vom österreichischen DJ-Duo Klangkarussell bereits vor einem Jahr erschienen – im Herbst 2011. Dann hat es irgendwann im Winter ein Indie-Musik-Blog empfohlen und von da an ging es los mit der viralen Verbreitung. Im Sommer 2012 war dann die kritische Masse erreicht und der Titel konnte sich als Download-Track in den Verkaufscharts der deutschsprachigen Länder platzieren. Das Dance-Label KONTOR entschied sich dann, tatsächlich auch eine CD zu veröffentlichen und dieser Release brachte dann den ganz breiten Mainstreamerfolg. Weil das Ganze so schön gewachsen ist, gehört Sonnentanz aber nach wie vor zu den überall gut angesehenen Titeln. Die allgemein übliche Schmähung von kommerziell erfolgreichen Titeln durch eine wie auch immer alternative und unabhängige Musikszene blieb bislang aus. Da hat sich also schon was getan in der deutschen Musiklandschaft – es ist ja nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass sich eine mehr oder weniger unabhängige Produktion ganz breit durchsetzen kann und trotzdem noch von allen Seiten halbwegs akzeptiert wird. Ich erinnere an dieser Stelle mal nur an die beiden Sommerhits von Lykke Li und Asaf Avidan/Wankelmut.

Das langsame Wachsen von Hits und die eher unterschwellige Vermarktung, das ist ein Konzept, welches durch das Label KONTOR in den letzten Jahren ordentlich professionalisiert wurde. Und mittlerweile anständig Erfolg hat. Die Hits aus dem Laden sind omnipräsent – nahezu jeder Titel aus dem Bereich Dance läuft über deren Plattform. Und wie machen die Jungs und Mädels das? Zum Beispiel gehen sie explizit freizügig mit der Verbreitung im Netz um. Videos sind auf allen Plattformen verfügbar, Remixe und Fan-Videos werden nicht untersagt oder zwangslizensiert. Da herrscht eine große Freude am wilden sharen und liken. Übrigens sehr im Sinne der Künstler selber. Wenn man sich zum Beispiel mal den google+-Kanal von Klangkarussell reinzieht, dann tauchen da unter deren Favoriten eine ganze Menge von Fan-Remixen und Coverversionen per Bild und Ton auf. Sogar eine Klavierversion ist darunter zu finden.



So hat es ein total unbekanntes DJ-Duo aus Österreich also innerhalb eines Jahres zu enormer Popularität gebracht. Irgendwie sind wir’s ja eher gewohnt, dass entspannte Clubmusik aus Berlin oder vielleicht auch noch aus Hamburg kommt. Salzburg hab ich da eher nicht auf meiner Landkarte. Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, wann der letzte großartige Act aus Österreich auch in der breiten Masse gut ankam. (Andreas Gaballier und DJ Ötzi nehm ich an dieser Stelle mal sowieso ganz raus.)

Ich gebe zu, dass ich zunächst mal mit dem Sonnentanz auch gar nicht so viel anfangen konnte. Ja, das war schon irgendwie lauschig – passte ganz gut zum aufziehenden Sommer, aber irgendwie war mir dieses Saxophon und das jazzy feeling eine Nummer zu intellektuell und schubidu. Mit Acid Jazz hatte ich nach einer kurzen Liebäugelei schon in den 90ern wieder abgeschlossen. Und irgendwie sind Klangkarussell für mich da in der Ecke gelandet.Nicht unwesentlich hat dazu dann auch noch das Video beigetragen, dass ich ja überhaupt nicht verstehe. Ist Blumen-im-Haar-Hippietum jetzt echt wieder cool?



Also damit hab ich schon meine Schwierigkeiten: verbrämte Romantik-Träumerei irgendwo weit weg von jeglicher Realität – das akzeptier ich als Fluchtbewegung, aber nicht als Lebenskonzept. Bzw. find ich es ziemlich erschreckend, dass brav, behütete Wohlstandskinder so etwas tatsächlich leben. Das scheint mir ordentlich nah am Abgrund und der harten Bruchlandung zu existieren.

Das waren so meine Bedenken. Und deshalb hat der Sonnentanz bei mir erstmal nicht so wesentlich viel bewirkt. Erst als ich den Track dann in einer komplett anderen Situation erlebt habe, wurde mir klar, was er auch sein kann. Entspannter Wohlfühl-Soundtrack für einen Nachmittag im Büro – oder als vorsichtige Einstimmung auf die große Aufregung. Klassischer Warm Up bzw. Chill Out. Immer in Kombination mit dem etwas härteren und ungeschminkteren Dasein. Ja – da macht es schon Sinn, auch mal Klangkarussell aufzulegen. Da kann ich sogar eine ganze Menge Energie rausziehen. Denn unmodern ist der Sound von Klangkarussell keineswegs. Die beiden haben von Kruder & Dorfmeister schon anständig viel gelernt. Und vielleicht sind die beiden auch diejenigen, die diesen Österreich-Sound in die Zukunft tragen. Einfach bitte ohne konkrete Bildwelt – dann könnt es was werden.







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